Wenn Glücksspiel süchtig macht: Warnzeichen erkennen
Mainz (dpa/tmn) - Die meisten haben sich schon einmal an einem Glücksspiel versucht: einen Lottoschein gekauft, nach dem Einkauf ein Rubbellos oder während der Fußball-WM eine Sportwette. All das ist auch noch nicht bedenklich, erklärt Kai Müller von der Universität Mainz.
Dort gibt es die Ambulanz für Spielsucht, die sich auch mit der Glücksspielsucht beschäftigt. Kritisch wird es erst, wenn sich eine Eigendynamik entwickelt. Wenn etwa nicht nur während der Fußball-WM gewettet wird, sondern auch während der regulären Saison. Und nicht mehr nur für die Erste Liga, sondern auch für weitere. Und dann auch für andere Sportarten.
Spielt der Betroffene nicht, fühlt er sich unruhig und angespannt, erklärt Müller. Wichtig ist der Aspekt des Kontrollverlusts, um den Übergang von einem unbedenklichen zu einem riskanten Verhalten zu beschreiben: „Wie weit kann man das Verhalten noch selbst steuern?“ - das sei die entscheidende Frage, erklärt Müller.
In Deutschland sei insgesamt etwa ein Prozent der Bevölkerung glücksspielsüchtig. Das größte Potenzial haben Spielautomaten, aber auch Sportwetten bergen ein gewisses Risiko, so Müller.
Neben dem Faktor Kontrollverlust kommen weitere Verhaltensweisen hinzu, wenn die Grenze zur Sucht überschritten wird. So versuchen Spielsüchtige, ihr Verhalten gegenüber dem Partner, der Familie und Freunden zu verheimlichen. Sie bauten teils ein komplexes Lügenkonstrukt auf, sagt Müller. „Das erzeugt auch noch einmal Druck.“ Ein wenig komme es auch zum sozialen Rückzug - wenn auch nicht so stark wie bei anderen Süchten, etwa der Internetsucht.
Ein weiterer Aspekt ist der finanzielle: Wer in die Ambulanz für Spielsucht kommt, sei häufig verschuldet. Es sei ein Kennzeichen der Sucht, dass man bestimmte Grenzen überschreitet - eben auch finanzielle Limits, beschreibt Müller.
Vermuten Angehörige eine Spielsucht, sollten sie auf Verhaltensänderungen achten: Hat der Betroffene Schlafstörungen, ist aufbrausend, obwohl er das sonst nie war, angespannter als normalerweise? „Man sollte versuchen, das Gespräch zu suchen“, rät der Experte. Jemand, der glücksspielsüchtig ist, müsse mit den negativen Konsequenzen seiner Sucht konfrontiert werden. Aber das dürfe nicht mit dem erhobenen Zeigefinger passieren, also nicht vorwurfsvoll.
Wer Hilfe sucht, kann sich auch an Hotlines für Betroffene und Angehörige wenden, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat zum Beispiel eine und auch die Ambulanz für Spielsucht der Universität Mainz.