RKI-Bilanz Zu wenig Impfschutz: Stärkste Grippewelle seit 2001
Berlin (dpa) - Die vergangene Grippewelle war nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) die stärkste seit 2001. „Geschätzte neun Millionen Menschen sind wegen einer Influenza-Erkrankung zum Arzt gegangen“, sagte Forscherin Silke Buda.
„Das waren noch einmal zwei Millionen Menschen mehr als während der starken Grippewellen 2012/13 und 2014/15“, sagte Buda weiter. Auf Intensivstationen habe die Zahl der Patienten mit Grippesymptomen die Zahlen der vergangenen drei Jahre deutlich übertroffen. Vermutlich liege die Zahl der Todesfälle in der vergangenen Saison erneut über 20.000. Gesicherte Daten dazu gibt es aber noch nicht.
Insgesamt sind in Deutschland zu wenige Menschen gegen Influenza geimpft. Bei den Älteren über 60 Jahre, die am häufigsten im Zusammenhang mit einer Grippeinfektion sterben, ist es nur ein gutes Drittel. EU-Gesundheitsbehörden halten drei Viertel für sinnvoll.
„Die Schutzmöglichkeiten müssen besser genutzt werden“, betonte RKI-Präsident Lothar Wieler. Die Impfung sei trotz der von Saison zu Saison unterschiedlichen Wirksamkeit die wichtigste Schutzmaßnahme. „Mit keiner anderen Impfung lassen sich hierzulande mehr Leben retten“, betonte Wieler.
„Grippe ist eine unterschätzte Erkrankung, vor allem bei der älteren Bevölkerung“, urteilte auch Forscherin Buda. Bereits für die Saison 2016/17 geht das RKI von 22.900 Todesfällen durch Grippe in Deutschland aus. „Die vergangene Welle könnte sogar noch darüber liegen“, ergänzte die Expertin. Eine bundesweite Schätzung der jüngsten Influenza-Todesfälle fehlt noch, weil die Daten zu Sterbefällen des Statistischen Bundesamts noch nicht verfügbar sind. Vergleichbare Grippe-Daten gibt es beim RKI seit 2001.
„Mehr Impfungen würden eindeutig mehr Erkrankungen verhindern“, bilanzierte Buda. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung für alle Menschen über 60, für chronisch Kranke jeden Alters, für Schwangere sowie für Medizin- und Pflegepersonal. Am besten hilft der Impfschutz, wenn die in der Regel gut verträgliche Vakzine im Oktober oder November erfolgt. Grippewellen beginnen oft im Dezember und Januar.
Impfmüde sind aber nicht nur Senioren. Im Juli hatten RKI-Wissenschaftler über die viel zu niedrigen Impfquoten in Krankenhäusern berichtet. Demnach war in der Saison 2016/17 nur rund ein Drittel des Pflegepersonals immunisiert. Bei den Ärzten waren es mehr als die Hälfte (60 Prozent). Die Impfung wird in medizinischen Berufen nicht nur zum eigenen Schutz empfohlen, sondern auch um Ansteckungen von Patienten zu minimieren.