Justieren statt sanieren - Hydraulischer Abgleich senkt Heizkosten
Berlin (dpa/tmn) - Die Betriebskosten von rund 90 Prozent der Heizungen in Deutschland sind Schätzungen zufolge zu hoch. Die Anlagen sind nicht richtig auf das Haus angepasst. Nach einem hydraulischen Abgleich verheizt ein Einfamilienhaus pro Jahr etwa 110 Euro weniger.
Es muss nicht gleich ein neuer Heizkessel her, um Energie und damit Kosten zu sparen. Häufig hilft ein hydraulischer Abgleich, den es ab circa 300 Euro gibt. Ein Fachmann stellt die Heizung so ein, dass die Anlage das Wasser mit der richtigen Temperatur optimal im Haus verteilt, erklärt Andreas Braun von der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft co2online in Berlin. Alle Heizkörper können so richtig warm werden.
Die wenigsten Verbraucher wissen aber, dass sich mit dieser Feinjustierung des Heizsystems Kosten sparen lassen, sagt Braun. Über 85 Prozent konnten in Umfragen von co2online den Begriff „Hydraulischer Abgleich“ nicht einordnen. Und so sieht es auch in der Praxis aus: Etwa 90 Prozent der Anlagen in Deutschland seien nicht hydraulisch abgeglichen, schätzt Braun.
Das kann dazu führen, dass Heizkörper, die näher am Kessel sind, besser durchströmt werden als jene, die weiter entfernt sind. Damit heizen sich diese Radiatoren auch schlechter auf. In mehrstöckigen Gebäuden können Wohnungen in unteren Geschossen heiß werden, während es im Dachgeschoss nicht ausreichend warm wird.
„In der Praxis werden als Behelfslösungen für dieses Problem häufig die Heizungspumpenleistung und die Vorlauftemperaturen am Heizkessel erhöht“, sagt Andreas Müller vom Zentralverband Sanitär Heizung Klima in St. Augustin bei Bonn. So werden zwar alle Räume warm, die nah am Heizkessel liegenden Zimmer jedoch zu heiß. Bewohner lüften die Hitze dann oft weg, indem sie die Fenster öffnen. Das erhöht die Heizkosten. Eine weitere Nebenwirkung der unausgeglichenen Anlage können lästige Fließgeräusche, Pfeifen und Gluckern sein.
Auch wenn eine Heizungsanlage modernisiert wird, sollte ein hydraulischer Abgleich gemacht werden, rät Michael Herma, Geschäftsführer des VdZ - Forum für Energieeffizienz in der Gebäudetechnik in Berlin. So werde sichergestellt, dass alle Teile wie Pumpe, Rohrleitungen und Thermostate an Heizkörpern optimal aufeinander abgestimmt seien. Der Nachweis eines Abgleichs ist oft auch Voraussetzung für die Auszahlung von Fördermitteln wie von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).
Einen hydraulischen Abgleich kann nur ein Fachmann durchführen, sagt Müller. Er berechnet mit einem Computerprogramm zunächst die Heizlast. Dafür berücksichtigt der Handwerker die Dämmung der Außenwände und des Dachs, die Anzahl und die Wärmedämmwerte der Fenster sowie die Heizkörpergröße. Er berechnet damit die optimale Wassermenge für jeden Raum und den nötigen Druck der Heizungspumpe. Die Ergebnisse stellt der Monteur an der Pumpe und den Thermostatventilen der Heizkörper ein.
Ein hydraulischer Abgleich geht nur an Heizkörpern mit voreinstellbaren Thermostatventilen. „Durch sie kann die Durchflussmenge des Heizwassers am Heizkörper exakt reguliert und an den tatsächlichen Bedarf des Raumes angepasst werden“, erklärt Henning Discher von der Deutschen Energie-Agentur (dena) in Berlin.
Ob es sich um ein voreinstellbares Thermostatventil handelt, erkennen Laien so: Sie nehmen die Haube des Temperaturreglers ab. Darunter liegt das Ventilunterteil. Sind auf diesem Zahlen eingraviert, ist es ein modernes Thermostatventil. Falls das nicht der Fall ist, sollten Hausbesitzer dieses nachrüsten, rät Discher.
Der Fachmann kann bei seinen Berechnungen feststellen, dass die Leistung der Heizungspumpe zu groß ist. Diese könne nur selten richtig eingestellt werden und werde am besten ausgetauscht, rät Müller. Ein Austausch ist in der Regel aber nicht möglich bei einer im Gerät integrierten Pumpe. Hier könne der Handwerker einen zentralen Differenzdruckregler ergänzen. Dieser baue den überschüssigen Druck direkt hinter dem Kessel ab, sodass das Wasser besser fließt und die Heizung weniger Geräusche macht. Die bessere, aber teurere Lösung sei eine neue Therme mit einstellbarer Pumpe in der richtigen Größe.
Bei einem bestehenden Heizsystem halte ein hydraulischer Abgleich für die gesamte Lebensdauer der Anlage, sagt dena-Experte Discher. Muss die Anlage nur justiert werden, kostet der hydraulische Abgleich für ein normales Einfamilienhaus laut Müller zwischen 300 und 400 Euro. Ersetzt der Fachmann Thermostatventile oder die Heizungspumpe, belaufen sich die Kosten auf rund 650 bis 1250 Euro, sagt Braun.
Dem gegenüber stehen die Ersparnisse bei den Heizkosten. Nach einem hydraulischen Abgleich sinken diese laut Experte Braun für ein durchschnittliches Einfamilienhaus um rund 110 Euro pro Jahr. Und wird eine neue Hocheffizienzpumpe eingebaut, können zusätzlich rund 100 Euro Stromkosten im Jahr gespart werden.