Lümmeln unter Palmen: Grünes Wohndesign

Kassel (dpa/tmn) - Luftverschmutzung, Betonwüsten, Klimawandel: Die Urbanisierung der Gesellschaft hat ihre Schattenseiten. Doch mehr Menschen besinnen sich und gestalten ihre Umgebung mit Grünpflanzen.

Dass das auch im Wohnraum geht, zeigen Möbel, die Pflanzen integrieren.

Menschen bauen Spannungen besonders gut ab und erholen sich schneller, wenn sie Pflanzen betrachten. Allein die Farbe Grün wirkt beruhigend und harmonisierend - aus diesem Grund war sie früher die beliebteste Farbe für Wohnzimmer, Salons und Bibliotheken. Da ein Großteil des Tages in geschlossenen Räumen verbracht wird, liegt es nahe, sich natürliches Grün in das unmittelbare Umfeld zu holen. Und da sollte Zimmergrün nicht bloß in biederen Töpfen verstauben.

„Die Natur soll Bestandteil unseres Alltags werden“, sagt Designerin Miriam Aust aus Kassel. „Design kann sich Gedanken machen und gewisse Wertvorstellungen hinterfragen.“ Sie hat ein „Wohnbeet“ entworfen, um Menschen aufzufordern, dem Möbel samt Pflanze Pflege und Aufmerksamkeit zu widmen. Ihre längliche Holzkiste mit integriertem Metallstuhl verlangt nach Zupfen, Harken und Gießen.

Schon lange machen sich Designer Gedanken, wie sie etwas mit ihren Mitteln für den Umweltschutz tun können. „Designer sollten sich ihrer Verantwortung als aktive Mitglieder des Systems bewusst sein und jetzt, mehr denn je, in Einklang mit den heutigen Erfordernissen neue Perspektiven und Entwicklungen aufzeigen - und das immer in Harmonie mit unserem Ökosystem“, sagt der französische Gestalter Jean-Marie Massaud. Seine Designprojekte sind daher selten nur stilistischer Art, vielmehr basieren sie auf der Analyse von Notwendigkeiten.

Für die schwedische Firma Offecct entwarf er Polstermöbel, die eine Aussparung für eine Pflanze haben. „Ich fand die Vorstellung lustig, dass Leute in einer Bank oder Behörde auf so einem großen Kissen unter einer Palme sitzen.“ Seine „Green Islands“ funktionieren aber auch in den eigenen vier Wänden.

Eine ähnliche Idee hatte das Designerduo Rosario Hurtado & Roberto Feo für Nola, die den überdimensionierten Blumenkübel „Land Ho!“ in verschiedenen Farben entworfen haben. Dieser ist unten so breit und flach, dass er als Sitzgelegenheit dient.

Auch das Modell „Romeo & Juliet“ von der Firma Extremis ist nicht einfach nur eine Sitzbank. Das Möbelstück besteht aus Holzleisten, in denen runde Löcher ausgespart sind und jeweils ein Kübel mit einem Bäumchen steht. Auch der Designer Arik Levy entwickelte Beistelltische, Hocker mit passenden Pflanzmöbeln für Flora.

Solche Objekte sind noch etwas für Designkenner, doch auch der breite Handel stellt sich vermehrt auf Ideen für die Präsentation von Pflanzen ein. Verbreiteter im Handel sind da bereits Accessoires mit Pflanzen, etwa Bilderrahmen der Firma WallFlower, in die statt in einen Topf tropische Farn mit reichlich Blättern gesetzt werden. Auch die Blumentöpfe selbst werden immer ungewöhnlicher: Karl Andersson hängt etwa Kästen über der Wohnwand auf.

Dass dieser erweiterte Zugang zu Pflanzen im Wohnraum notwendig ist, davon ist der Inder Kamal Meattle überzeugt. Nachdem Ärzte dem Forscher und Geschäftsmann vor etwa 25 Jahren sagten, dass ihn die Luft in Neu Delhi umbringen werde, begann er mit Zimmerpflanzen zu experimentieren. Er fand heraus, dass sich durch die Kombination der Zimmerpflanzen Goldfruchtpalme, Bogenhanf und Efeutute, die an bestimmten Stellen in Wohn- oder Bürogebäuden aufgestellt werden, die Luftqualität in Innenräumen messbar verbessern lasse.

In seinem Bürohaus mit angeschlossenem Hotel arbeiten nun 300 Angestellte mit 1200 Pflanzen um sie herum. „Dadurch konnten wir viele Beschwerden unserer Mitarbeiter deutlich reduzieren, die Produktivität der Angestellten steigern und zugleich den Energiebedarf des Gebäudes senken“, sagt Meattle.

Doch so viele Pflanzen kann natürlich nicht jede kleine Wohnung fassen, hier sind Stellflächen oft rar. Daher sind grüne Ideen für den Wohnraum wie Regale mit integrierten Behältnissen für Pflanzen, Regenschirmständer mit einem Fach für Grünzeug oder Sitzmöbel, die Platz für einen Baum bieten, nicht nur nützlich, sondern auch gefragt.