Nachbarn kann Rauchen auf Balkon zeitweise verboten werden
Karlsruhe (dpa) - Auf dem eigenen Balkon qualmen, wann immer man will? Nicht, wenn das die Nachbarn stört: Laut dem Bundesgerichtshof dürfen Rauchern hier Grenzen gesetzt werden. Wann der Griff zur Zigarette tabu sein soll, hängt aber vom Einzelfall ab.
Raucher können dazu verpflichtet werden, nur zu bestimmten Zeiten auf dem Balkon zur Zigarette zu greifen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Freitag (16. Januar) entschieden. Voraussetzung sei, dass der Rauch als „wesentliche Beeinträchtigung“ empfunden wird. Eine endgültige Entscheidung im konkreten Fall ist das aber noch nicht: Die Juristen wiesen den Fall an das Landgericht Potsdam zurück.
Es ging um die Klage eines Ehepaars aus dem brandenburgischen Premnitz. Die Nichtraucher wollten nicht akzeptieren, dass sie den Qualm ihrer Nachbarn aus der unteren Etage ertragen sollen. Der Bundesgerichtshof gab im Grundsatz dem klagenden Ehepaar recht. Er legte jedoch keine allgemeingültigen rauchfreien Zeiten für Balkone fest: Diese müssten immer am Einzelfall orientiert bestimmt werden. Das Landgericht Potsdam muss jetzt klären, ob und wie stark die klagenden Nichtraucher durch den Rauch gestört werden und dann gegebenenfalls die rauchfreien Zeiten festlegen. (Az.: V ZR 110/14)
Generell führt das Rauchen in Mehrparteienhäusern oft zu Problemen. Dringt der Geruch von Zigaretten, Pfeifen oder Zigarren in die Nachbarwohnung, belästigt das nicht selten die Mitmieter. Doch was können Nachbarn tun, wenn es ihnen stinkt?
Ein vollständiges Verbot sei nicht zulässig, sagt Gerold Happ vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. Denn das gelte in der Regel als Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Rauchers. „Allerdings darf es durch das Verhalten des Rauchers auch nicht zu Einschränkungen für die Nichtraucher im Haus kommen“, erklärt Happ.
Beide Seiten müssten Rücksicht aufeinander nehmen. „Raucher dürfen mit ihrem Qualm ihre nichtrauchenden Nachbarn nicht über Gebühr belästigen“, sagt Happ. Die Grenzen sind hier allerdings fließend. „So kann es schon eine Belästigung sein, wenn der Rauch ständig ins Treppenhaus zieht“, gibt Happ ein Beispiel.
Was aber tun bei starken Belästigungen? „Das Beste wäre es, Sie einigen sich mit Ihrem Nachbarn“, erklärt Happ. Doch nicht immer ist bei allen Beteiligten die nötige Einsicht vorhanden. „Wenn sich nichts ändert und die Belästigung entsprechend hoch ist, können Sie die Miete mindern“, erklärt Happ. Der Vermieter könne zwar den Mangel meist nicht vollständig abstellen, aber da der Rauch einen Mangel darstelle, sei eine Minderung gerechtfertigt.
Wie hoch die sein darf, hängt vom Einzelfall ab. „Es kommt darauf an, wie stark die Beeinträchtigung ist und wie lange sie dauert“, erläutert Happ. „Das ist bei Bauarbeiten relativ einfach abzuschätzen, bei Zigarettenrauch aber eher schwer.“ Das Amtsgericht Lübeck beispielsweise hielt eine Kürzung von 5 Prozent der Bruttomiete für gerechtfertigt (Az.: 27 C 1549/13), ebenso das Hamburger Landgericht (Az.: 1 S 92/10). Das Landgericht Berlin betrachtet eine Minderung von 10 Prozent als angemessen (Az.: 67 S 307/12).