Nie mehr putzen dank selbstreinigender Oberflächen

Berlin (dpa/tmn) - Ungeliebtes Bad- oder Fensterputzen könnte bald zur Vergangenheit gehören. Glas- und Sanitärprodukte mit selbstreinigenden Oberflächenbeschichtungen setzen sich immer mehr durch.

Glaubt man den Herstellerangaben, reicht Abspülen mit Wasser.

Ein Traum scheint wahr geworden zu sein: Nicht mehr mit Muskelkraft werden Fenster geputzt, sondern Regen und Sonne übernehmen diesen Job. Und auch im Bad ist mühsames Schrubben nicht mehr angesagt. Denn viele Hersteller von Sanitärobjekten, Duschabtrennungen und Fensterscheiben bieten inzwischen beschichtete Oberflächen an, die sich angeblich selbst reinigen können.

Schon seit 2002 sind selbstreinigende Gläser auf dem Markt, mit denen Türen, Fenster, Wintergärten und Fassaden ausgerüstet werden können. „Als selbstreinigend werden Gläser mit einer Oberflächenbeschichtung aus Titandioxid bezeichnet“, erklärt Jürgen Benitz-Wildenburg vom Institut für Fenstertechnik in Rosenheim. Diese Beschichtung bewirke, dass organischer Schmutz unter UV-Einwirkung abgebaut werde. Durch das Titandioxid werde zusätzlich die Oberflächenspannung des Glases herabgesetzt, so dass die Tröpfchenbildung verhindert wird und das Wasser wie ein Film abläuft. Unter Fachleuten wird diese Eigenschaft als „hydrophile Oberfläche“ bezeichnet.

Beschichtungen selbstreinigender Gläser sind dauerhaft, sie können aber durch falsche Behandlung Schaden nehmen. So sind nach Auskunft des Verbands der Fenster- und Fassadenhersteller in Frankfurt/Main hydrophile Oberflächen unverträglich mit Silikonen. Falls Silikon mit einer hydrophilen Oberfläche in Berührung kommt, kann sich das Wasser nicht mehr zu einem Film ausbreiten. Die selbstreinigende Funktion des Glases wird so gestört. Aus diesem Grund gilt es, jede Art von Kontakt mit Silikon auf selbstreinigenden Gläsern zu vermeiden.

„Wie gut der Selbstreinigungseffekt funktioniert, hängt aber auch entscheidend von der Einbausituation ab“, erklärt Benitz-Wildenburg. So werden beispielsweise Dachfenster mit größerem Neigungswinkel besser gereinigt als unter einem Dachüberstand eingebaute Fenster, die selten von Regen getroffen werden. Regnet es lange Zeit nicht oder gibt es bauliche Beeinträchtigungen, kann auch selbstreinigendes Glas schmutzig werden. Der Schmutz lässt sich aber mit reichlich Wasser, etwa mit einem Schlauch, abspülen. Für eine optimale selbstreinigende Funktion sind demnach immer UV-Licht und Wasser Voraussetzung.

Selbstreinigende Gläser dürfen nicht mit beschichteten Gläsern verwechselt werden, warnt Benitz-Wildenburg. Oft werden solche Schichtsysteme werkseitig oder nachträglich in Form von Flüssigkeiten auf die Gläser aufgetragen und erhöhen deren Oberflächenspannung. Die Wassertropfen finden auf diesen hydrophoben Oberflächen keinen Halt und rutschen einfach ab. So wird der Reinigungsaufwand reduziert.

„Im Bad leisten solche Schichtsysteme bei Glasduschabtrennungen seit Jahren ihren Dienst“, sagt Rainer Linning von der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) in Bonn. Die Abrennungen können werkseitig oder auch nachträglich veredelt werden. Aggressive Reinigungsmittel zerstörten diesen Schutz allerdings schnell.

Das Putzen im Bad vereinfachen auch Sanitärobjekte mit speziell behandelten Oberflächen. „Diese schmutzabweisenden Oberflächen von Waschtischen, Toiletten, Badewannen, Duschen und Duschabtrennungen haben unterschiedliche Herstellungsverfahren“, sagt Linning. Einige Hersteller setzten hier auf den Lotus-Effekt nach dem Vorbild der gleichnamigen Pflanze: Auf ihren Blättern sitzen mikroskopisch kleine Zellhügel, die wiederum aus noch kleineren Wachskristallen bestehen. Diese Struktur verhindere, dass Wasser haften bleibt - Tropfen formen sich zu Kugeln, kullern abwärts und reißen Schmutz mit. Die Sanitärindustrie formt diese Oberfläche künstlich nach. Eine andere Möglichkeit sind besonders glatte Oberflächen, von denen das Wasser ebenfalls abperlt.