Sieht aus wie neu: Stühle polstern und beziehen
Berlin/Wuppertal (dpa/tmn) - Man sitzt jeden Tag darauf, und das sieht man ihnen an: Stuhlpolster und -bezüge nutzen sich schnell ab. Sie eigenhändig zu erneuern, ist nicht einfach. Aber ein passionierter Heimwerker kriegt das hin.
Durchgesessen, mit Soße bekleckert, zerschlissen oder aus der Mode: Alte Stühle sind irgendwann einfach nicht mehr hübsch anzuschauen. Dagegen lässt sich etwas tun: Sie werden neu gepolstert und bezogen oder bekommen eine Verhüllung, eine Husse aus Stoff.
Hussen wurden früher meist aus weißem Stoff als Schutz für Möbel übergezogen. Heute dienen die Hüllen vor allem als Blickfang: Ein braunes Modell kann so leicht ein buntes, moderne Gewand bekommen. Hussen bieten viele Unternehmen in universellen Größen an, oftmals hat auch der Stuhlhersteller für beliebte Modelle passende Hussen in vielen Farben im Sortiment.
Aber Hussen kann man auch selbst anfertigen - das setze keine große Erfahrung an der Nähmaschine voraus, da fast nur gerade Nähte gemacht werden, erläutert die Nähmaschinenexpertin Caroline Castro aus Berlin. „Voraussetzung ist eine kräftige Nähmaschine, die den benötigten festen und dicken Stoff in zwei oder drei Lagen übereinander transportieren kann.“ Sie rät zu Standardnadeln der Größen 90 oder 100. Das Maß für die Husse nimmt man direkt am Stuhl - Schnittmuster und Anleitungen gibt es zudem in Büchern oder im Internet.
Damit die Husse lange hält, sollte der Stoff stabil, scheuerfest und lichtecht sein, rät Gerhard Sperling vom Verband der Deutschen Heimtextilien-Industrie in Wuppertal. Dies gelte auch für Stoffbezüge von Polstern. Eine gute Alternative seien Möbelstoffe, da diese haltbarer sind. Sperling rät, seine Lebensgewohnheiten der Stoffauswahl zugrundezulegen: Wer Kinder oder Haustiere habe, entscheide sich besser für strapazierfähige Stoffe. Einfache Dekorationsstoffe sollten hingegen nicht verwendet werden, da diese meist schnell brechen.
Wer Polsterstühle restaurieren möchte, kommt mit einer Stoffhülle allein nicht voran. Hier muss erst die Sitzfläche aufgearbeitet werden. Zunächst werden alle alten Teile wie Polsternägel, Bezug und Füllmaterial entfernt. „Eventuell muss man auch ausgeleierte Polstergurte erneuern“, sagt Maribel Goncalves von der DIY-Academy in Köln. Das geht so: Nach dem Entfernen der alten Längsgurte werden die neuen an der Oberseite des Rahmens der Sitzfläche befestigt. Die Quergurte werden eingeflochten und mit Flachkopfnägeln oder Klammern fixiert. Goncalves rät, die Jutegurte vor dem Antackern immer umzuschlagen, da sie sonst an den Seiten ausreißen könnten.
Zwischen dem Sitzrahmen und der Schaumstoff-Auflage wird eine Polsterpappe gelegt, zugeschnitten auf die Größe des Stuhlsitzes, und mit Klammern oder Nagelstiften am Rahmen befestigt. Der Schaumstoff wird dann ebenfalls passend auf das Format der Sitzfläche zugeschnitten und mit einem Sprühkleber auf die Polsterpappe geklebt. „Der Kleber verhindert, dass der Schaumstoff beim späteren Gebrauch des Stuhls verrutscht“, erläutert Heimwerkerexpertin Maribel Goncalves. „Ideal ist ein drei Zentimeter dickes Schaumstoffpolster mit einem 35er Raumgewicht (RG 35). Es besitzt die erforderliche Stabilität und Härte für ein Stuhlpolster.“
Über das Schaumstoffpolster kommt nun ein Polstervlies, das ebenfalls aufgeklebt wird. „Das Vlies muss unbedingt größer sein als die Sitzfläche, damit man es um den Sitzrahmen schlagen und an der Unterseite festtackern kann“, sagt Goncalves. Die am Ende unter dem Bezug liegende Polsterwatte schont den Stoff, der sich dadurch nicht so schnell aufreibt und abnutzt. Außerdem gleicht das Vlies Unebenheiten aus und sorgt für eine weiche, bequeme Sitzfläche.
Abschließend wird der Bezugsstoff an einer Seite der Sitzfläche befestigt, dann straff gespannt und an der gegenüberliegenden Seite mit Tackerklammern fixiert. Dann folgen die übrigen beiden Seiten. „Besonders einfach klappt das mit einem Elektrotacker. Das erfordert keine Kraft und geht schnell“, empfiehlt Maribel Goncalves. An den Ecken schlägt man den Stoff am besten sauber ein.