Wie Tetris: Beim Selfstorage zählt cleveres Einräumen
Hamburg (dpa/tmn) — Ein langer Gang, eine Tür reiht sich an die nächste: Die Szenerie erinnert an einen Gefängniskorridor. Doch hinter den Türen sitzen keine Verbrecher ein. Stattdessen lagern dort Möbel, Sportgeräte und vieles mehr - im Prinzip alles, wofür in den eigenen vier Wänden kein Platz ist.
Einige Firmen haben aus der Raumnot ein Geschäft gemacht. Sie bauen Häuser mit vielen Türen und Lagerräumen — oft sind es mehr als Tausend — und vermieten diese. Das englische Schlagwort, das man in diesem Zusammenhang oft hört, ist Selfstorage.
Die meisten Selfstorage-Anbieter tummeln sich in Ballungsräumen, wo Wohnraum knapp und teuer ist. „Dort ist die Nachfrage am größten“, berichtet Catherine Adler vom Unternehmen Pickens, das in Hamburg und Berlin jeweils drei große Lagerhäuser betreibt. Selfstorage ist eine prosperierende Branche. 95 Einlagerungshäuser gab es 2015 laut dem Verband deutscher Selfstorage Unternehmen in Deutschland. Das waren elf mehr als im Jahr zuvor und mehr als doppelt so viele wie 2009. Weniger werden es wohl nicht mehr: Der Anbieter MyPlace mit 25 Standorten zum Beispiel hat laut Geschäftsführer Martin Gerhardus mehrere neue Lagerhäuser in Planung.
Große Firmen bieten für jeden Platzbedarf die entsprechenden Lagerräume. Die kleinsten Lager bei Pickens und MyPlace sind einen Kubikmeter groß und damit eher Boxen statt Räume. Die größten umfassen über 100 Quadratmeter. Da die Decken in den Räumen circa drei Meter hoch sind, beträgt der Stauraum über 300 Kubikmeter.
So viel Lagerraum brauchen aber die wenigsten. Und oftmals wird sogar noch weniger benötigt, als man glaubt. Viele Leute, die zum ersten Mal ein Lager mieten, überschätzen nämlich ihren Lagerbedarf. „Sie verschätzen sich mit ihrem Volumen“, präzisiert Christian Lohmann vom Verband deutscher Selfstorage Unternehmen. Das heißt: Wer klug stapelt, spart Platz — und letztlich auch bares Geld für die Miete. Lohmann vergleicht das mit dem Computerspiel Tetris. Adler rät: zuerst nachdenken, dann verstauen. „Vorm Einräumen sollte man in Ruhe überlegen, wohin welche Sachen kommen. Das lohnt sich.“
Die Mitarbeiter in den Lagerhäusern kennen aber auch alle Stapeltricks und können bei der Wahl der richtigen Raumgröße beraten. Zwei Tipps hat Adler aber: Die Kartons sollten eine gute Qualität haben. Denn wenn sie unter Last einknicken, kann man sie nicht sehr hoch stapeln. Und das Lagergut muss trocken und mottenfrei sein. „Für alle Fälle kommt Mottenpapier mit in die Kartons.“
Die Quadratmeterpreise variieren je nach Anbieter, Stadt und Größe. Lohmann schätzt, dass ein Quadratmeter bundesweit über alle Größen im Schnitt rund 20 Euro pro Monat kostet. Aber es gilt die Faustregel: Je mehr Fläche man mietet, desto geringer wird der Preis pro Quadratmeter. Dennoch sind die Lager kein Schnäppchen. „Sie sind vergleichsweise teuer“, findet Werner Hinzpeter von der Stiftung Warentest sogar.
Doch sie bieten auch Vorteile. So sind sie dank Aufzügen und breiten Gängen gut zugänglich, flexibel mietbar und haben in der Regel großzügige Öffnungszeiten, die oft zwischen 6.00 und 22.00 Uhr liegen. Die Räume sind trocken und witterungsgeschützt, die Häuser haben oft Zutrittskontrollsysteme und sind teils mit Videokameras überwacht.
Manche Mieter müssen ihren Hausstand vorübergehend unterbringen, andere lagern Sportgeräte wie Skier oder Segel ein. Für letztere hat Pickens in Hamburg etwa extra lange Lagerräume. Es gibt noch mehr Spezialangebote: Bei einigen Anbietern lässt sich die Weinsammlung dunkel und konstant temperiert lagern. Auch für Autos gibt es schon Angebote, wie auch für Kunstwerke. Das sind jedoch Nischen, sagt Lohmann. Hauptsächlich werden die Lager für Hausrat benötigt.
Selfstorage ist durchaus etwas für Kurzentschlossene. Im Prinzip könne man die Lager spontan mieten, indem man einfach mit seinen Sachen vorbeifährt, erklären die Firmenvertreter. Adler rät aber, vorher anzurufen und sich über die Lagergröße beraten zu lassen. Die Anbieter geben in der Regel eine Mindestmietdauer vor. Bei Pickens beträgt sie zum Beispiel einen Monat, bei MyPlace zwei Wochen. Beide Unternehmen haben dazu eine Kündigungsfrist von zwei Wochen. Das ist laut Lohmann die Regel. Wer länger mietet und sich für eine bestimmte Zeit bindet, kann bei manchen Anbietern dafür Rabatte bekommen.
Info-Kasten: Versicherungsschutz für Lagerware
Die Unternehmen haften üblicherweise nicht, wenn eingelagerte Sachen durch Brände Schaden nehmen oder geklaut werden. „Sie schließen das in den Geschäftsbedingungen aus“, sagt Werner Hinzpeter von der Stiftung Warentest. Er rät, bei ausgelagertem Hausstand die Hausratversicherung zu informieren. Die Policen sichern diesen meist nur drei Monate ab. Für längere Zeit muss man ihn vielleicht zusätzlich absichern. Alternativ bieten die Firmen einen Versicherungsschutz an. Der bemisst sich am geschätzten Wert aller eingelagerten Sachen und wird oft in 1000-Euro-Schritten kalkuliert. Christian Lohmann vom Verband deutscher Selfstorage Unternehmen schätzt, dass eine Versicherung der Unternehmen zwischen 0,75 und 1,50 Euro pro 1000 Euro Sachwert im Monat kostet.