Zu schade für die Tonne Wiederverwertung: Aus Plastikflaschen werden Stiefelspanner
Berlin (dpa/tmn) - Nicht jeder Abfall ist Müll. Altes und Kaputtes lässt sich mit etwas Kreativität einfach wiederverwerten. Und das nicht nur, um Ressourcen zu schonen und Geld zu sparen, sondern einfach auch, weil sie die Lösung zu einem Alltagsproblem sind.
So sorgen alte Plastikflaschen im Hausflur für Platz und Ordnung, wenn ein Stiefelspanner fehlt. Sie werden in die Stiefel gesteckt, die dadurch aufrecht stehen bleiben. Und im Frühjahr können Kunststoff-Flaschen vielseitig im Garten und auf dem Balkon eingesetzt werden: In der Mitte oder der Länge nach durchgeschnitten, ersetzen sie wahlweise einen Blumentopf oder Blumenkasten. Halbiert und über Jungpflanzen gestülpt, fungieren sie wie Minigewächshäuser und schützen die Pflanzen vor Schnecken.
An heißen Tagen schließlich können sie mit Wasser gefüllt Pflanzen vor dem Austrocknen retten: „Mit einem Stück Stoff versehen oder Löchern im Deckel und kopfüber in den Topf gestellt, bekommt man so ein prima Dauerbewässerungssystem“, verrät Buchautor Kai Daniel Du. Er sucht nach so simplen Ideen für Alltagslösungen, den Lifehacks.
Damit bezeichnet man Ideen, mit denen sich effizient kleine und große Alltagshürden lösen lassen. Alte Strumpfhosen eignen sich beispielsweise nicht nur zum Parkettputzen, weil sie Staub anziehen. „Über das Ende des Staubsaugerrohrs gestülpt, kann man damit Stifte, Ketten, Münzen und ähnlich filigrane Gegenstände unter dem Sofa hervorsaugen, ohne dass sie gleich im Staubsaugerbeutel verschwinden“, schlägt Lifehacker Du vor.
Im Grunde erleben unter dem neuen Namen Lifehack derzeit viele gute alte Hausfrauentipps eine Renaissance. Aber das hat durchaus seinen Sinn: „Bevor ich etwas Neues kaufe, überlege ich immer erst: Was habe ich im Haus, mit dem ich das Problem lösen könnte“, sagt Du. Dieses Verhalten schont auf Dauer nicht nur den Geldbeutel. „Je mehr wir kaufen und wegwerfen, desto mehr belasten wir die Umwelt“, erklärt Nadine Schubert. Die Buchautorin verzichtet im Alltag ganz bewusst auf Plastik und ist immer auf der Suche nach Lösungen und ressourcenschonenden Ideen.
So lassen sich viele auch leicht beschädigte oder aussortierte Gegenstände und Materialien in einem anderen Kontext wiederverwenden. Altbekannt sind natürlich Tipps wie ausgediente Unterhemden und T-Shirts aus Baumwolle als Putzlappen zu verwenden. Aber das hat abgesehen vom Umweltgedanken durchaus seinen ganz praktischen Nutzen: Baumwolle gilt als sehr saugfähig und ist fusselfrei.
Schubert empfiehlt sie daher besonders für das Trockenreiben von Waschbecken, Duschkabine und Badewanne oder als Ersatz für Geschirrtücher. Und auch beim Schuheputzen kann man auf Ausgedientes aus dem Kleiderschrank zurückgreifen: „Alte Sweatshirts und Wollpullover sind gut zum Polieren von Schuhen geeignet“, sagt Liane Reichhart, stellvertretende Vorsitzende des Landesverbands Hessen des DHB-Netzwerk Haushalt.
Wer liebgewonnene Textilien nicht zum Saubermachen verwenden möchte, sollte sich mit dem Upcycling vertraut machen. Damit ist gemeint, dass man sich Abfallprodukten, Produktionsresten oder etwa Sperrmüll bedient und etwas hochwertiges Neues aus dem vermeintlichen Ballast herstellt. Möbeldesigner fertigen zum Beispiel aus Bauschutt Tische.
Eine Idee: Aus den alten Klamotten kann man Decken, Topflappen oder Laptop- und Tablethüllen im Patchwork-Stil nähen. Und alte Bettbezüge aus Leinen verleihen als Tischdecken Festtagstafeln ein besonderes Flair. Anderes Beispiel: Aus Weinkorken lassen sich Pinnwände und Untersetzer gestalten: „Die Korken in gleichdicke Scheiben schneiden und auf Pappe kleben“, erläutert Reichhart.
Auch für Möbel eignet sich Ausrangiertes. Schubert bewahrt Zeitschriften in ehemaligen Weinkisten auf, eine in die Jahre gekommene Leiter hat sie zum Regal gemacht, ein altes Brett aus der Werkstatt ihres Vaters als Ablage an der Wand montiert - inklusive des derzeit so angesagten Vintage-Stils zum Nulltarif. „Das Material hat so viel Charme, dass ich es gar nicht mehr bearbeiten musste“, sagt sie.
Manchmal kommt es auch einfach darauf an, die Reste richtig zu verpacken, damit sie eben nicht nach Müll, sondern nach einen kreativen Alltagshelfer aussehen: Werden Milch- und Safttüten etwa mit Baumrinde beklebt, werden daraus rustikale Blumentöpfe, erklärt Reichhart. Aber auch andere Behälter lassen sich daraus fertigen, um Schlüssel, Stifte und Krimskrams darin aufzubewahren - „ein idealer Bastelspaß für die ganze Familie“, findet Reichhart.
Gläser mit Schraubverschluss für das Aufbewahren von Speiseresten, Vorräten und sonstigen Alltagskram werden zum Hingucker im Regal, wird am oberen Brett eine Magnetleiste befestigt. Daran bleiben die metallischen Deckel hängen - und die Gläser schweben quasi.
Für Lifehacks taugen aber nicht nur nutzlos gewordene Gegenstände. Manches lässt sich auch zweckentfremden. Ein simples Beispiel, das die meisten zu Hause haben, ist die Foldback-Klammer. Sie ist eigentlich nur dafür gedacht, Papierstapel zusammenzuhalten, ohne sie zu beschädigen. Doch natürlich halten sie auch Stifte, verschließen Mehl- und Zuckertüten oder helfen, Kopfhörer ohne Knoten aufzubewahren.
Buchautor Du ist ein Fan der unscheinbaren Vielzweckklammer. Er fand in der Foldback-Klammer eine Lösung für das Fixieren der USB-Kabel am Schreibtisch: Klammer an die Tischkante klemmen und USB-Kabel durch die beiden Griffe fädeln, Stick verkanten, fertig. „Mit diesem Trick muss man nicht immer nach dem heruntergefallenen USB-Stecker suchen, sondern hat ihn schnell zu Hand“, erklärt der Alltags-Tüftler.
Service:
Benjamin Behnke, Kai Daniel Du: Trick 17 - 365 Alltagstipps: Lifehacks für alle Lebenslagen. Frech-Verlag, 400 S., 17 Euro, ISBN-13: 978-377247514
Anneliese Bunk, Nadine Schubert: Besser leben ohne Plastik, oekom verlag, 2016, 112 S., 12,95 Euro, ISBN-13: 978-3865817846