Von der Bremse bis zur Kette Neun Tipps, um das Fahrrad fit für den Frühling zu machen
Krefeld. Die Temperaturen steigen, die Sonne zeigt sich öfter. jetzt ist die Zeit, um das Fahrrad fit zu machen. Wie lässt sich Schmutz am besten entfernen? Worauf ist noch zu achten?
Ein Fachmann gibt Antworten.
Gerade wenn das Fahrrad auch in der kalten Jahreszeit im Einsatz war, hat sich an vielen Stellen des Rahmens Dreck angesammelt. Die Reinigung geht am einfachsten mit einem speziellen Fahrradreiniger, erklärt Hans Pilger, Er berät seit über 30 Jahren Kunden in seinem Fahrradgeschäft „Zweirad Rundlauf“ in Krefeld. Das Mittel gibt es als Sprühdose im Fachhandel und wird einfach auf den Rahmen aufgetragen und mit einem Lappen abgewischt. Der Vorteil dieser Methode: Der Reiniger löst den Schmutz und dient gleichzeitig als Schutz - etwa gegen Rost, da er leicht ölig ist, so Pilger. Wer weniger Geld für die Reinigung ausgeben möchte, kann auch einfach auf ein Haushaltsmittel zurückgreifen. Gerade im Sommer, wenn das Rad nicht so viel Dreck abbekommt, reiche Wasser mit ganz normalem Spülmittel aus, so Pilger.
Wer im Winter viel mit dem Fahrrad unterwegs sei, sollte regelmäßig reinigen. „Das Streusalz muss runter, das frisst sich in alles rein“, sagt Pilger. Das Salz, das die Straßen schneefrei halten soll, könne beispielsweise den Lack des Fahrradrahmens angreifen. In der dunklen Jahreszeit rät der Experte daher dazu, das Fahrrad einmal pro Woche mit Reiniger zu behandeln.
Auf keinen Fall sollte ein Hochdruckreiniger genutzt werden, um das Fahrrad zu reinigen. Das Wasser werde durch die Druckbehandlung auch in empfindliche Lager gedrückt. „Dann kann schnell ein Schaden entstehen, der mehrere hundert Euro kostet“, sagt Pilger. Die Folge könne etwa ein defektes Hinterrad oder Tretlager sein. Ein weiterer Hinweis des Fachmanns: Bremsen und Felgen sollten nicht mit ölhaltigen Mitteln behandelt werden. Dafür gibt es ebenfalls spezielle Reiniger im Fachgeschäft.
Es gibt verschiedene Reiniger, um die Kette von Schmutz und Ablagerungen zu befreien. Aber: „Die Reste, die dabei überbleiben, sind Sondermüll“, sagt Pilger.
Einfacher gehe es beispielsweise mit einer ausgedienten Schuhbürste, einer Zahnbürste oder einem alten Lappen. Einfach kräftig drüber bürsten oder mit einem Lappen kräftig abwischen. Zusätzliche Reinigungsmittel brauche es nicht, erklärt Pilger.
Sind Ablagerungen und Schmutz entfernt, sprühe der Fachmann die Kette mit einem speziellen Sprühfett ein. Auch handelsübliches Nähmaschinenöl könne genutzt werden, habe aber einen erheblichen Nachteil gegenüber dem Mittel aus dem Fachhandel. Die Wirkung halte nicht so lange an, da es nicht so gut an der Kette haften bleibe.
Pilger rät, regelmäßig zu kontrollieren, ob die Bremsbeläge noch in Ordnung sind. Bei den weitverbreiteten V-Brakes werden dazu die beiden Schenkel der Bremse mit einer Hand zusammengedrückt. Mit der anderen Hand könne dann die Bremse am Führungsrohr des Bremszuges gelöst werden, erklärt Pilger. Es sollte darauf geachtet werden, dass die Bremsbeläge nicht bis zur sogenannten Verschleißkante abgenutzt sind. Die liegt hinter den mit einzelnen Schlitzen versehenem Bremsbelag. Wenn der zu 90 Prozent herunter ist und die Schlitze kaum mehr zu sehen sind, sollten die Bremsbeläge unbedingt gewechselt werden, so Pilger.
Der Grund: Unter den Belägen befindet sich eine Stahlfassung. Wenn die mit der Felge in Kontakt komme, könne sie beschädigt werden. Das mache sich durch ein „fürchterliches Schaben“ beim Bremsen bemerkbar, erklärt Pilger. Das habe übrigens nichts mit dem öfter vorkommenden Quietschen der Bremsen zu tun. Das aus ganz verschiedenen Gründe auftreten könne. Etwa, wenn die Bremsbeläge falsch aufliegen.
Egal bei welcher Art der Beleuchtung sollte darauf geachtet werden, dass Vorder- und Rücklicht funktionieren. Klingt banal, aber: „Oft merken Leute über längere Zeit nicht, dass das Licht hinten nicht funktioniert“, sagt Pilger. Wenn eine Leuchte nicht funktioniert, kann das verschiedenste Grüne haben. Die Fehlersuche kann also langwierig sein - besonders auch bei dem klassischen Dynamosystem.
Der Fachmann könne das Problem mit Prüfzeug meist schnell identifizieren. Ob es an der Kabelverbindung, einem defekten Leuchtmittel oder dem Dynamo hapere, könne aber jeder mit einem einfachen Test herausfinden. Dazu werde nur eine Flachbatterie mit 4,5 Volt benötigt, die man vielleicht aus dem Physikunterricht noch kennt. Bei einem klassischen Dynamosystem nehme Pilger dazu das Kabel aus dem Dynamo.
Das halte er an den Pluspol der Batterie, den Minuspol etwa an die Befestigungsschraube, die den Dynamo am Fahrrad hält. Wenn beide Lampen leuchten, liege der Fehler am Dynamo selbst, erklärt Pilger. Wenn nicht, liege es entweder an einem Kabelbruch oder dem Leuchtmittel. Auch die klassische Glühbirne kann mit einer Flachbatterie getestet werden.
Ein Pol werde dabei an das Gewinde der Lampe, ein anderer an den Kontakt an der Unterseite gehalten. Der Dynamotest sei auch bei einem Narbendynamo-System möglich. Dabei werde das zweifarbige Kabel an den Minuspol gehalten, das andere an den Pluspol.
Pilger empfiehlt vor dem Start in die Fahrradsaison auch zu überprüfen, ob alle Schrauben und Muttern fest sitzen. Wenn beispielsweise oft mit Last auf dem Gepäckträger gefahren werde, könnten sich dort Schrauben mit der Zeit lösen. Mit vier Maulschlüsseln (8, 10, 13, und 15 Millimeter) und vier Inbusschlüsseln (3, 4, 5 und 6 Millimeter) seien Radfahrer im Normalfall gut ausgerüstet.
Mit vier Maulschlüsseln (8, 10, 13, und 15 Millimeter) und vier Inbusschlüsseln (3, 4, 5 und 6 Millimeter) sind Fahrradfahrer gut ausgestattet. Flickzeug und ein Reifenheber dürfen natürlich auch nicht fehlen. Foto: Sebastian Paschold
Wer sein Werkzeug auch auf der nächsten Radtour parat haben möchte, dem empfiehlt Pilger ein Mehrfachwerkzeug. Für circa 40 Euro vereine es alle nötigen Hilfsmittel (inklusive Reifenheber) in einem handlichen Format für unterwegs. Auch ab 20 Euro gebe es Modelle, die für Normalverbraucher ausreichend seien. Von Mehrfachwerkzeugen, die weniger kosten, rät der Experte ab. Das Material sei dann oft so anfällig, dass es schon beim erstmaligen Gebrauch kaputt gehen könne.
Wer die Reifen mit dem empfohlenen Druck mit Luft befüllt, muss nicht nur weniger stark in die Pedale treten, sondern verhindert auch Schäden am Reifen, erklärt Pilger. „Bei zu wenig Luft zieht sich der Reifen ein“, sagt der Fachmann. Die Folge könne etwa ein eigerissener Mantel sein. Der richtige Reifendruck steht auf dem Mantel. In der Regel seien 4 bis 4,5 Bar üblich, sagt Pilger. Hilfreich sei eine Standpumpe mit Manometer. Stabile Modelle, „die Jahre halten“ und mit Fahrrad- und Autoventil ausgestattet sind, gebe es für circa 30 Euro.
Nichts ist ärgerlicher als ein platter Reifen. Das altbewährte Flickzeug mit Flicken und Lösung zum Festkleben ist dabei immer noch die erste Wahl, erklärt Pilger. Von Mitteln, die in den Schlauch gepumpt werden, rät der Fachmann im Normalfall ab. Je nach Größe der undichten Stelle könne sich die klebrige Masse zwischen Mantel und Schlauch ausbreiten, anstatt das Loch zu verschließen. Solche Mittel sollten daher als Notlösung für unterwegs angesehen werden.
Eine kurze Anleitung für das klassische Flickzeug: Mit Reifenhebern aus Plastik wird zunächst der Mantel vom Reifen gehoben. Ist das Loch im Schlauch nicht offensichtlich, kann mithilfe eines Eimers mit Wasser getestet werden, wo Luft entweicht. Ist die undichte Stelle identifiziert, sollte sie mit Wasser gesäubert und trocken gewischt werden. Unterwegs sei das etwa auch mit Spucke möglich, erklärt Pilger.
Das Anrauen mit Schmirgelpapier ist nicht mehr nötig, könne sogar Schaden anrichten, so der Experte. „Die neuen Generation der Schläuche verträgt es nicht“, sagt er. Ist die Stelle mit dem Loch gesäubert und trocken, könne die Lösung aufgetragen werden. Auch hier hat sich in den letzten Jahren etwas getan: „Sie muss heutzutage nicht mehr antrocknen“, sagt Pilger. Der passende Flicken könne sofort platziert und von innen nach außen festgedrückt werden.
Beim Wiedereinsetzen des Schlauches sollte dieser zunächst mit ein wenig Luft gefüllt werden und das Ventil an der entsprechenden Öffnung ein wenig festgedreht werden. Ist der Mantel nach und nach eingesetzt worden, könne aufgepumpt werden. Dabei sei darauf zu achten, dass der Schlauch nicht eingeklemmt wird. Schließlich könne das Ventil nach unten gezogen werden und die entsprechende Mutter komplett festgedreht werden.
Wer beispielsweise entdeckt, dass ein Rad nicht mehr rund läuft, sollte nicht versuchen, die Speichen selber nachzuziehen. „Wenn man es falsch macht, ist die Felge kaputt“, sagt Pilger. Eine neue koste schnell um die hundert Euro. Das sogenannte Zentrieren im Fachgeschäft liege je nach Aufwand bei 10 bis 20 Euro. Wie auch vom Automechaniker gewohnt, rät auch der Fahrradexperte, einmal pro Jahr zur Inspektion einen Fachmann aufzusuchen.