Hund, Katze und Co. Treue Weggefährten: Was Haustiere über Menschen aussagen
Dresden (dpa/sn) - Die kaninchengerechte Wohnung erfordert allerlei Umbauten. „Die Möbel müssen in die Mitte gerückt werden, weil die Kaninchen an der Wand Fluchten brauchen“, sagt Christoph Willmitzer.
Statt die Kaninchen sollte man besser die Möbel mit einem Käfig umgeben, damit sie nicht angeknabbert werden. Steckdosen müssen sich weit oben befinden. Ein paar Zweige am Tisch sind auch hilfreich. Gemeinsam mit seiner Kollegin Viktoria Krason hat Willmitzer die neue Sonderausstellung „ Tierisch beste Freunde“ im Deutschen Hygiene-Museum Dresden (noch bis zum 1. Juli 2018) kuratiert.
Die 1988 in den USA gegründete House Rabbit Society hat eine ideale Kaninchen-Wohnung entworfen. Sie richtet sich vor allem nach tierischen Bedürfnissen. Tatsächlich gibt es in den USA nicht wenige Menschen, die sich auf diese Weise ihren Haustieren unterordnen. Wer den Grundriss der Kaninchen-Wohnung studiert, befindet sich schon fast am Ende der Schau. Zum Schluss geht es um ethische Fragen. „Je mehr man auch aus den Neurowissenschaften über Tiere weiß, desto mehr werden sie Teil des akademischen Diskurses“, sagt Willmitzer.
Die Ausstellung zeigt nicht nur, wie das Tier zum Haustier wurde und Frauchen oder Herrchen beeinflusst. Im Hintergrund steht die Frage, inwiefern der Umgang des Menschen mit seinen Hausgenossen Auskunft über ihn selbst gibt. Rund 250 Objekte hat das Hygiene-Museum zusammengetragen, darunter Tierpräparate, historische Vogelkäfige, Fotografien, Gemälde, zeitgenössische Kunst und Video-Installationen.
Erstmals greift die Einrichtung, die für attraktive und didaktisch gut aufbereitete Ausstellungen bekannt ist, auf Virtual Reality zurück: In einem riesigen Aquarium blickt der Besucher durch eine Spezialbrille quasi aus dem Fischauge. Selbst das Klopfen an der Scheibe soll vernehmbar sein. Insgesamt werden die „tierisch besten“ Freunde in drei Abteilungen thematisiert. Im abschließenden Teil „Das Haustier und sein Mensch“ geht es um Fragen aus der Perspektive der Tiere.
„Der Mensch ist sensibler geworden für die Bedürfnisse anderer Lebewesen“, stellt Krason fest. Die Frage, ob ein Haustier den Besitzer aber zum besseren Menschen mache, lasse sich nicht so einfach beantworten. Krason kommt wie Mit-Kurator Willmitzer eigentlich aus der Germanistik. Es sei aber kein Nachteil, sich dem Thema aus einer gewissen Distanz zu nähern, sagen beide unisono.
Somit ist auch eine Literatur-Station in der Schau enthalten. Sie zeigt an drei Beispielen, welche Inspiration Tiere für Schriftsteller schon immer hatten: Thomas Manns Erzählung „Herr und Hund“, „Die Wand“ von Marlen Haushofer und Katzengedichte von Charles Baudelaire.
Auch Abgründe der Tierliebe werden beleuchtet - allerdings auf humorvolle Weise. Zum Thema Sodomie ist die Schlüsselszene des Woody- Allen-Films „Was sie schon immer über Sex wissen wollten“ mit Gene Wilder und dem Schaf zu sehen. Prominente und Tiere spielen gleichfalls eine Rolle - Schriftsteller Erich Kästner etwa ließ sich gern mit Katzen ablichten.
Ein (wissenschaftlicher) Blick richtet sich auf die kleinen Nager, die meist als Kuscheltiere für Kinder herhalten müssen. Die Universität Münster forscht zum komplexen Sozialverhalten von Meerschweinchen. „Sie können sehr gut Kompromisse aushandeln und sind damit eine Vorbildfunktion für menschliche Gesellschaften“, erklärt Willmitzer.
Tierquälerei, Zucht, Moden, Erziehung, Tiere als Partner für einsame Menschen, der Abschied von toten Tieren - das Spektrum der unterhaltsamen Schau ist breit. Auf lebende Exponate hat das Museum nach eigener Darstellung mit Blick auf Tierschutz und Betreuungsaufwand verzichtet. Nur eine Installation - ein von Pilzen überwuchertes Ornament - ist „lebendig“.
Der Besucher soll zum Nachdenken über sein eigenes Verhältnis zum Haustier angeregt werden. Nebenbei erfährt er jede Menge über ein Thema, das in Deutschland zum Alltag gehört: In mehr als einem Drittel der deutschen Haushalte leisten Tiere den Menschen Gesellschaft.