Industriegeschichte: Das Museum Chopo
Mexiko-Stadt (dpa/tmn) - Mexiko-Stadt hat eine neue Attraktion, die für deutsche Besucher interessant ist: Das Museum Chopo. Das Gebäude, eine einzigartige Stahlfachwerk-Konstruktion, wurde vor 100 Jahren aus Deutschland nach Mexiko gebracht.
Das Viertel Santa María la Ribera liegt nur wenige Meter nördlich des historischen Zentrums von Mexiko-Stadt. Es ist eine lebhafte „Colonia“ mit Schulen, der Universität „Valle de México“, Geschäften, Kirchen. Doch im Zentrum überragt das imposante Gebäude des „Museo del Chopo“ seine Umgebung. Mit zwei filigranen Stahltürmen und seinem basilikaartigen Haupt- und Querschiff ist es zum Wahrzeichen des Stadtviertels geworden.
Das altertümliche, aber elegante Gebäude ist eine Konstruktion aus Eisen und Stahl, aus Glas und leichten Ziegelsteinen. Es ist ein bedeutendes Denkmal der Industrie- und Architekturgeschichte - und es hat einen weiten Weg hinter sich: Gebaut wurde es vor mehr als 100 Jahren in Deutschland.
Im Jahr 1902 ließ die Oberhausener Gutehoffnungshütte nach Plänen des damaligen Stararchitekten Bruno Möhring eine Ausstellungshalle für die große Kunst- und Gewerbeausstellung in Düsseldorf errichten. Die Stahlhalle verfügte über vier Türme und war reich mit Jugendstilelementen verziert.
Doch gleich nach der Ausstellung wurde die Halle auseinandergeschraubt. Der kleinere Flügel fuhr den Rhein hinauf nach Köln, wo er - stark heruntergekommen - erst vor kurzem vom Kölner Denkmalpfleger Walter Buschmann auf dem Industriegelände der Klöckner-Humboldt-Deutz-Werke wiederentdeckt wurde. Der weitaus größte Teil der Anlage wurde schon 1903 nach Mexiko verfrachtet. In der Halle führte Mexiko zunächst seine Errungenschaften vor, 100 Jahre nach der Unabhängigkeit.
Viele Jahre war das Chopo das nationale Museum der Naturgeschichte Mexikos, unter anderem waren Dinosaurier dort ausgestellt. 1975 übernahm die Autonome Nationaluniversität von Mexiko (UNAM) die Regie und machte den Bau zu einem Zentrum der modernen Kunst in der Metropole.
In den vergangenen Jahren wurde das Gebäude nach den Plänen des argentinischen Architekten Enrique Norton renoviert. Um die Architektur aus Stahl und Stein wieder sichtbar zu machen, wurden alle späteren Einbauten entfernt. Im Innern wurde eine frei stehende, riesige Rampe mit mehreren Stockwerken eingebaut, in denen Ausstellungsflächen, ein Café, eine Bibliothek und ein Archiv untergebracht sind.
Derzeit zeigt das Museum unter anderen Arbeiten des Bildhauers Eduardo Olbés zum Thema Rauschgiftkriminalität, und es widmet sich dem weltweiten Thema Gewalt gegen Frauen. In weiteren Ausstellungen erhalten Besucher einen Einblick in die Entwicklung der mexikanischen Malerei des vergangenen Jahrhunderts, in dessen zweiter Hälfte unter anderen der aus Deutschland stammende Maler und Bildhauer Matias Goeritz eine große Rolle spielte. Auch von ihm sind Bilder zu sehen.
Direktorin Alma Rosa Jiménez ist glücklich über die geglückte Renovierung des Chopo. „Jetzt können wir unser kulturelles Projekt unter modernen technischen Voraussetzungen erst richtig umsetzen“, sagt sie. Das Chopo ist zur Keimzelle für avantgardistische Kunst, Theater und moderne Musik in Mexiko geworden. Außerdem hat das Museum auch für die Bewohner des Stadtviertels eine große Bedeutung: Sie können hier Sprach- und Handwerkskurse besuchen, Theaterstücke sehen und sich in einem Café treffen.
Den Kölnern rät Direktorin Rosa Jiménez, das Gebäude in Deutz nicht einzureißen. „Ich würde die Menschen befragen, denn das Gebäude hat eine Persönlichkeit und ist Teil der Umgebung, in dem es steht“, sagt sie. „Und dann würde ich es renovieren und der Kultur widmen. Wir haben damit die besten Erfahrungen gemacht.“