London gibt es auf der ganzen Welt
Keinen Ort der Erde gibt es so oft wie die britische Metropole — eine Städtereise auf den Spuren der Doppelgänger.
Alles eine Frage des Blickwinkels: Für die mehr als 60 Millionen Menschen im Vereinigten Königreich ist ihre Themse-Metropole der Nabel der Welt, für die Bewohner East Londons in Südafrika ist es ihre Heimatstadt. Für die 180 Einwohner von New London im US-Bundesstaat Texas ist ihr Dorf das Größte, und sogar auf den Kiribati-Inseln im Pazifik ist man stolz auf den großen Namen. Doch außer dem haben die Stationen unserer London-Reise rund um den Globus nicht viel gemeinsam. Eine Verwechslung ist ausgeschlossen — oder doch nicht?
Keine Frage: Die Mutter aller Londons und bis heute das mit Abstand beliebteste, liegt im Vereinigten Königreich. 14 Millionen Einwohner und mehr als doppelt so viele Städtetouristen jedes Jahr sprechen für sich. Die Höhepunkte kennt beinahe jeder: Big Ben, die Tower Bridge, die National Gallery und das importierte belgische Bier. Doch das London an der Themse ist bei weitem nicht das einzige. Schon ein paar Meilen weiter wartet bereits ein zweites London.
Zwar wird Londonderry in Nordirland im Volksmund nur Derry genannt, der offizielle Name jedoch belegt: London hat ein Double. Sehenswert ist die mittelalterliche Altstadt mit ihrer 1,5 Kilometer langen Mauer und der größten anglikanischen Kathedrale Nordirlands.
Wo, wenn nicht in den USA sollte es weitere Londons geben: Schließlich nahmen die europäischen Siedler im 16. und 17. Jahrhundert beinahe alles mit, was an die Heimat erinnerte — selbst Städtenamen. So geschehen in London im US-Bundesstaat Texas. Das verstaubte Nest irgendwo im Nirgendwo zählt heute gerade mal 180 Seelen. Der US-Highway 377 ist nicht weit. Zu sehen gibt es nicht viel. Dafür hat das texanische London die Schauspielerin Maryam d’Abo herausgebracht, das Bond-Girl in „The Living Daylights“ (1987).
Im Schatten der Metropolen New York und Boston liegt New London im US-Bundesstaat Connecticut. Die Stadt zählt 30 000 Einwohner und ist Sitz des Pharmakonzerns Pfizer, der das Potenzmittel Viagra erfunden hat. Das hat New London allerdings auch nicht größer herausgebracht. New London nennt sich auch eine Gemeinde im US-Bundesstaat Mississippi. Die letzte Volkszählung aus dem Jahre 2000 ergab 1001 Einwohner. Trotz der zentralen Lage an der Schnittstelle des US-Highways 61 und der Missouri State Route 19: Hier ist nicht viel los.
Das gilt keineswegs für das New London in Wisconsin. Zwar ist über die 7000-Einwohner-Stadt im Norden der Vereinigten Staaten kaum etwas bekannt. New London in Wisconsin ist etwas größer als das New London in Texas und das New London in Missouri, aber kleiner als das in Connecticut. Was aber fast jeder in der Umgebung weiß: Am St. Patricks Day benennt sich das Städtchen für eine Woche in New Dublin um.
Auch Südafrika hat sein ganz eigenes London: East London. Hauptsehenswürdigkeiten der 400 000-Einwohner-Stadt am Indischen Ozean sind das Aquarium, der Zoo und das East London Museum.
Mit solchen Attraktionen kann „unser London“, nämlich Klein London bei Uelzen in Niedersachsen, nicht aufwarten. Die Lokalität ist auch keine wirkliche Stadt, sondern kaum mehr als eine Straße. Überregional bekannt ist immerhin die nah gelegene Klein Londoner Heide, zwei 15 Hektar große Heideflächen mit uralten Flechten, Moosen und Kiefern.
Selbst auf den Weihnachtsinseln gibt es ein London. Und was für eins: Die Hauptsiedlung auf dem Kiritimati-Atoll gehört zu Kiribati im Pazifik. In London leben knapp 2000 Menschen, was die Ansiedlung zur zweitgrößten auf Kiritimati macht. Das allein ist schon fast den Besuch wert. Aber auch die türkisblauen, meist menschenleeren Strände sind nicht zu verachten.
Die machen das pazifische London unter dem Strich jedoch nur einen Bruchteil so authentisch wie das London im kanadischen Bundesstaat Ontario. Wenn irgendein London der Mutter aller Städtereiseziele das Wasser reichen kann, dann ist es dieses: 340 000 Einwohner, mehr als 200 kleine und größere Parks, das Grand Theater und den Covent Garden Market.
Und, kein Witz: Sogar der Fluss heißt hier Thames. Zu deutsch: Themse.