Tanzen in Olsnäsgården Midsommar in Schweden: Blüten, Schnaps und lange Nächte
Dalarna (dpa/tmn) — Mit Blumenkränzen im weißblonden Haar und wehenden Kleidern feiern die Schweden Midsommar. Dafür treffen sich Freunde und Verwandte an einem warmen Sommertag, an dem die Sonne niemals untergeht und die Trinklieder und der Schnaps nicht enden wollen.
Das sind die Klischees.
Als das Mittsommerfest in Olsnäs beginnt, sind die Wolken dagegen grau, es regnet. Kurzerhand schnappen sich zwei Männer jeweils einen großen Sonnenschirm. Darunter versammeln sich mehrere Musiker mit ihren Geigen, Gitarren und einer Ziehharmonika und stimmen fröhliche Volkslieder an, die gånglåtar genannt werden.
Von dem miesen Wetter lässt sich in Olsnäs keiner beirren. Der Ort liegt direkt am Siljansee, mitten in Schweden in Dalarna. Die Region gilt als besonders traditionell. Von hier kommen das Dala-Holzpferd und die rote Farbe für die Schwedenhäuser.
Auf dem Gelände der Ferienanlage Olsnäsgården leben in einigen roten Häusern dauerhaft Einheimische. Außerdem gibt es Zelt- und Campingplatz sowie Ferienhäuser. Die Unterkünfte sind an Mittsommer schnell ausgebucht. Im Sommer können Besucher auf dem Siljansee Kanu fahren und schwimmen. Auch Wanderungen lohnen sich, etwa durch die Nationalparks Fulufjällets und Töfsingdalens.
Auch Kicki Bergkvist, 52, hat in Olsnäsgården mit ihrem Mann Johan ein Sommerhaus. Gemeinsam mit ihren Töchtern sowie Freunden und Verwandten feiern sie hier Mittsommer. Für die meisten Schweden ist es ein großes Familienfest, wie Weihnachten. Da kommen Kinder, Eltern, Großeltern, Tanten, Onkel und Freunde zusammen, um nach langen, dunklen Wintertagen die Rückkehr des Lichts zu begrüßen.
Kicki trägt die typische Tracht von Leksand: eine weiße Bluse, ein geblümtes Tuch, ein besticktes Mieder, einen schwarzen, wadenlangen Rock mit bunter, gestreifter Schürze, weiße Strümpfe und schwarze Lederschuhe mit roten Bommeln daran. Den Kopfschmuck hat Kicki gemeinsam mit anderen Frauen geflochten. Je mehr Blumen die Frauen verwenden, umso prächtiger wirkt der Kranz.
Auf dem Festplatz liegt der Midsommarbaum, die Midsommarstång. Drum herum stehen viele Festgäste, die den Stamm schmücken. Schließlich lässt auch der Regen nach. Und während die Musiker unter einem Pavillon spielen, schneiden die anderen Margeriten und Butterblumen zurecht und binden sie an die gekreuzten Querstangen, bis der Baum üppig verziert ist. Jeder Ort schmückt seinen Stamm mit eigenen Symbolen und nach eigenen Traditionen. In Olsnäs dominieren die Farben Gelb, Blau und Weiß sowie Herzen aus Birkenzweigen.
Früher feierten die Schweden Mittsommer immer am 24. Juni. Mittlerweile wurde das Fest arbeitgeberfreundlich verlegt. Laut einem Gesetz aus dem Jahr 1953 wird Mittsommer immer an dem Samstag gefeiert, der zwischen dem 20. und dem 26. Juni liegt.
Wer mitfeiern will, findet in der Region Dalarna viele Gelegenheiten dazu. Denn rund um den Siljansee gibt es jeden Sommer mehr als 100 Midsommarfeste, auch noch Wochen nach dem offiziellen Datum. Warum? Kicki erklärt es so: „Früher halfen sich die Bewohner gegenseitig bei der Ernte. Damit trotzdem keiner das Fest in seinem Heimatort verpassen musste, feierten die Leute einfach mehrfach.“
Und dann ist es soweit: Nach etwa einer Viertelstunde steht der Baum endlich senkrecht. Ein Kraftakt! Die Zuschauer klatschen, versammeln sich mit den Musikern um den Baum und stimmen eines der gånglåtar an: das Kinderlied Små grodorna (Die kleinen Frösche). Und schon beginnen alle zu tanzen. Munter hüpfen sie um den Baum, fassen sich an den Händen, laufen in einer langen Kette hintereinander her. Es folgen weitere traditionelle Volkslieder, Spiele, Tanz und Gesang.
An Mittsommer essen die Schweden unterschiedlich eingelegten Hering, auch sill genannt. Dazu gibt es junge Kartoffeln, Dill, Sauerrahm, rote Zwiebeln und Bier sowie Schnaps. Manche Familien haben ihre eigenen Traditionen. Sie grillen beispielsweise Elchwurst, Steak oder Rippchen oder servieren gebackenen Lachs. Zum Nachtisch kommen häufig Erdbeeren auf den Tisch — mit Eis, Sahne oder Biskuitrolle. Der Himmel bleibt zu dieser Jahreszeit noch lange hell, und so feiern viele bis tief in die Nacht hinein.
Früher war Mittsommer eine gute Gelegenheit, andere Heiratswillige zu treffen. Laut einer Legende herrscht in dieser Nacht eine magische Stimmung für Liebende. Die Mädchen müssen auf ihrem Nachhauseweg sieben verschiedene Blumen von sieben verschiedenen Wiesen pflücken und diese unter ihr Kopfkissen legen. Wenn sie dabei ganz still waren, über einen Zaun geklettert sind und am nächsten Tag keinem ihren Traum verraten, dann — aber auch nur dann — erscheint ihnen im Schlaf ihr zukünftiger Ehemann.