Kulinarischen Spezialitäten Pastakurs in Bologna: Die Nudelholz-Herrscherinnen
Bologna (dpa/tmn) - Der Teig baumelt gefährlich über der Tischkante. Noch ein Zentimeter, dann liegt er am Boden. Das Nudelholz bearbeitet die verbliebene Masse auf dem Tisch. Die Macht der Schwerkraft soll den Sfoglia — so heißt der ausgerollte Teig - weiter ausdehnen.
Deshalb das schwierige Manöver mit der Tischkante. Pasta selbst zu machen, ist kein einfaches Unterfangen. Zumindest nicht in Bologna. „Rollen, immer weiter rollen, schnell, schnell“, ruft Luisa Mambelli, während die Gruppe am Tisch das Matterello schwingt, das Nudelholz. Der Teig darf nicht austrocknen. „Alles kann die Konsistenz des Teigs beeinflussen, das Licht, die Luftfeuchtigkeit, wie viele Menschen im Raum sind“, mahnt Luisa, die mit ihren kurzen blonden Haaren und den Jeans gar nicht wie das Klischee einer italienischen „Mamma“ wirkt.
Doch sie muss es wissen. Mehrmals im Monat empfängt sie in ihrer Wohnung völlig Fremde, um ihnen das Pasta-Kochen beizubringen. Die hohe Kunst zu erlenen, geht nirgendwo besser als in Bologna.
Bologna, die Hauptstadt der Emilia-Romagna, ist bekannt für seine kulinarischen Spezialitäten. Hier wurden Mortadella und Tortellini erfunden. Nur die berühmten Spaghetti Bolognese haben trotz ähnlicher Lautung rein gar nichts mit Bologna zu tun. „Schwachsinn“, sagt Luisa. „Spaghetti Bolognese, so etwas gibt es gar nicht in Italien.“ Ragu heißt die Fleischsoße hier und wird nicht zu Spaghetti, sondern zur Tagliatelle gereicht. Diese breiteren Nudeln würden die Soße nämlich besser aufsaugen.
Auch um solche Missverständnisse auszuräumen, veranstaltet sie die Pastakurse. Dabei ist sie keine professionelle Köchin, sondern ganz einfach nur Hausfrau. Oder eine Cesarine, wie die Herrscherinnen der Küche früher liebevoll in Anlehnung an den mächtigen Cäsar genannt wurden. Le Cesarine heißt deshalb auch die Organisation, der Luisa seit zehn Jahren angehört und die auch die Kochkurse veranstaltet.
Der Verein geht zurück auf die Initiative einer Professorin der Universität von Bologna. Egeria di Nallo wollte etwas dagegen tun, dass die traditionelle Kunst der Pasta-Herstellung und die Familienrezepte in Vergessenheit gerieten. Und so erschuf sie 2004 den Verein Le Cesarine. Hier geben italienische Hausfrauen ihr Wissen an Einheimische und Touristen weiter.
Das Essen ist oft zweitrangig. Die Touristen wollen vor allem Einheimische kennenlernen. Vor dem Kochen wird zusammen eingekauft. Dann geht es durch die verwinkelten Gassen hinter der Piazza Maggiore. Riesige goldgelbe Laiber des Parmigiano Reggiano liegen hier in den Schaufenstern, darüber hängen saftige Keulen des Prosciutto di Parma. In den Regalen stehen kleine, kostbare Flaschen des uralten Balsamico Tradizionale aus Modena.
Und immer wieder frische Pasta-Produkte. In zahlreichen „laboratorio di pasta fresca“, also kleinen Läden für frische Pasta, werden sie vor den Augen der Einkäufer hergestellt. Wie im „ Le Sfogline“, dem wohl berühmtesten Pasta-Geschäft: Monica Venturi und ihre Schwester Daniela habe den winzigen Laden von ihrer Mutter übernommen, seit 20 Jahren schon stehen sie hier nun in der Küche. Akkordarbeit.
Bei Luisa Mambelli dauert die Zubereitung der Pasta rund zwei Stunden. „Macht nichts, beim nächsten Mal geht es schon schneller“, tröstet Luisa. Schmecken tut die Pasta auf jeden Fall wie von einer echten Cesarine: einfach nur köstlich.