Deutsche Teilung: Zeitgeschichte entlang des Grünen Bandes

Berlin (dpa/tmn)- Schüsse, Tote, Scheinwerferanlagen: Der Eiserne Vorhang war eine fast unüberwindbare Grenze. Knapp 1400 Kilometer teilten Deutschland im Kalten Krieg in Ost und West, in Sozialismus und Marktwirtschaft.

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Hier wurden Flüchtlinge erschossen, Familien getrennt und die Reisefreiheit eingeschränkt. Vor 25 Jahren war die Wiedervereinigung - ein Jahr zuvor fiel die Mauer. Was ist heute davon übrig geblieben?

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Ein grünes Band, das sich entlang der alten Grenze schlängelt. Hier leben Eisvögel, Fischotter und wachsen seltene Orchideenarten. Touristen genießen das Naturschutzgebiet, wandern und fahren Rad. Wenn man genau hinschaut, kann man auch noch heute Spuren der früheren Grenze entdecken. Fünf Tipps für eine Zeitreise:

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Point Alpha: Das US-Camp Point Alpha ist zwar kein Geheimtipp, aber dort lässt sich die Zeit zurückdrehen. „Mit Sicherheit ist es das beste Museum an der innerdeutschen Grenze“, sagt Autor Werner Schwanfelder. Seit 15 Jahren reist er immer wieder entlang des Grünen Bandes und weiß: „An diesem Punkt ragte die DDR am weitesten nach Westen.“ Hier standen sich die Nato und der Warschauer Pakt gegenüber. Sollte es zu einem Angriff kommen, dann zuerst dort, hieß es.

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Heute erinnert ein Museum an den Beobachtungsstützpunkt. Es gibt Ausstellungen zur Grenzbefestigung und zum Leben mit der Grenze. „Die Reaktionen sind ganz unterschiedlich. Wer die Grenze direkt miterlebt hat, ist hier sehr bedrückt. Besucher, die keinen Bezug haben, gehen mit vielen neuen Eindrücken“, sagt Birgit Konrad, Leiterin der Gedenkstätte. Rund 100 000 Besucher kommen jährlich nach Geisa an die Grenze zwischen Hessen und Thüringen.

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Skulpturenpark Deutsche Einheit: Wo einst der Grenzübergang zwischen Eußenhausen und Henneberg in der Rhön lag, steht heute Kunst. Angefangen hat es 1996 mit der Skulptur „Die goldene Brücke“: ein Symbol für die deutsche Einheit. „Jahr für Jahr kommen weitere Objekte hinzu, die alle in irgendeiner Art und Weise mit dem Thema Grenze und Wiedervereinigung in Verbindung stehen“, sagt Brigitte Proß vom Stadtmarketing Mellrichstadt. Ein Meer aus Fahnen, ein Erschossener auf der Flucht, ein flüsterndes Pärchen: Die Skulpturen erzählen von den Geschichten, an der Grenze. Die „Goldene Brücke“ ist gleichzeitig der Startpunkt des Friedensweges, einem Wanderweg entlang der Grenze.

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Little Berlin: Ein Panzer, Wachtürme, ein Stück Mauer. Alles erinnert an die Vergangenheit. Genau auf der Grenze zwischen Thüringen und Bayern, mitten durch das 50-Seelen-Dorf Mödlareuth verlief die Mauer. Daher auch der Name, den die Amerikaner dem Dorf gaben: Little Berlin. „Hier wurde ich das erste Mal so richtig mit der Grenze konfrontiert“, berichtet Schwanfelder von seiner Grenzreise, die er am ehemaligen Dreiländereck begann. Jährlich kommen rund 75 000 Menschen in das Museumsdorf. „Es ist einfach nur beeindruckend, trotz der vielen Besucher.“

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Grenzdenkmal Hötensleben: Im Westen nannte man ihn den Todestreifen, die DDR sprach von einem Schutzstreifen. Wer sich hier ohne Erlaubnis aufhielt, kam oft nicht mehr lebend raus. Einer der längsten noch erhaltenen Schutzstreifen ist in Hötensleben in Sachsen-Anhalt zu finden. Und zwar mit einer Besonderheit: „An der engsten Stelle ist der Streifen nur 35 Meter breit, normalerweise waren es 500 Meter“, sagt Achim Walther, Vorsitzender des Grenzdenkmalvereins. Der Grund dafür: Der Ort war zu groß, um die Menschen - wie in so vielen andere Dörfern an der Grenze - zwangsumsiedeln. „Bei uns gab es zwei Mauern. Die auf der Ostseite, dann kam der Streifen und dann noch eine Mauer.“ Die Gärten mancher Einwohner grenzten direkt an den Eisernen Vorhang. Schwanfelder hat das vor ein paar Jahren auf seiner Reise entdeckt: „In Hötensleben pflanzen sie ihren Salat immer noch direkt an der Mauer. Eine sehr interessante und bewegende Mauer-Installation.“ Heute stehen noch 350 Meter der alten Grenzanlage. Hier können Besucher die Geschichte noch spüren.

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Dorfrepublik Rüterberg: Eine Enklave mitten in Deutschland, abgeschnitten und umgeben von Grenzen - das erlebten 400 Einwohner zu DDR-Zeiten in Rüterberg in Mecklenburg-Vorpommern. Auf der einen Seite die Elbe, auf der anderen ein Grenzzaun. „Zwischen 23 Uhr und 5 Uhr kamen wir weder rein noch raus. Das Tor war abgeschlossen“, erzählt Meinhard Schmechel. Er war von 1981 bis 2004 Bürgermeister des kleinen Ortes. „Wir haben viel gefeiert. Der Zusammenhalt war enorm. Wir mussten ja alles selber machen.“ Nach der Wende durfte sich die Enklave offiziell „Dorfrepublik“ nennen. Ein Museum erinnert noch heute an das Dorfleben in der Isolation. Schmechel bietet Führungen an. Mit seinem norddeutschen Akzent erzählt er Anekdoten und Geschichten aus Rüterberg. Anmeldung unter: 038758/20333.