Nachtaktive Holzfäller - Auf Biber-Safari in der Eifel
Hürtgenwald (dpa) — Es ist acht Uhr abends und Familie Biber kann ihren entspannten Vormittag vergessen: Ungebetene Gäste stören bei der Morgenwäsche. Das Spektakel verfolgen 24 neugierige Augenpaare.
Ihnen bietet sich ein spannendes Abendprogramm in der Region des Nationalpark Eifel.
Eine Stunde zuvor hat Hildegard Coenen die Naturfreunde auf dem Parkplatz Glockenhofen in Großhau im Kreis Düren in Empfang genommen. Ziel ist ein Biberteich kurz vor der Wehebachtalsperre, ein Fußmarsch von etwa einer halben Stunde. Gelegenheit genug, wichtige Fakten und Randnotizen über den Nager zu erzählen. Die 48-Jährige arbeitet für die Biologische Station in Düren, es ist eine ihrer letzten Touren als Biberführerin.
Coenen erzählt euphorisch: „Wir befinden uns hier im Epizentrum der Biber in Nordrhein-Westfalen.“ Nüchtern betrachtet bedeutet das: Zwölf Biber wurden in den 80er-Jahren an diesem Ort freigelassen, nachdem der Mensch das Tier Mitte des 19. Jahrhunderts ausgerottet hatte. Mittlerweile gibt es 250 bis 300 Tiere im Kreis Düren und rund 630 in ganz Nordrhein-Westfalen.
Die geführten Abendtouren der Biologischen Station sind besonders begehrt. „Tagsüber bekommt man das Vieh leider nur selten zu sehen“, sagt die Biberexpertin. Die Anspannung wächst. Ob sich gleich ein Exemplar blicken lässt? Jetzt heißt es: leise sein, langsam gehen. Hier beginnt das Revier der Biber. Und die lassen ihre Gäste nicht im Stich. Hildegard Coenen führt die Gruppe zur Beobachtungsstation auf der rechten Hangseite.
Im Flüsterton unterhalten sich Erwachsene und Kinder. Insgesamt drei Biber sind nun im und am Teich zu sehen. Links schwimmt einer langsam durchs Wasser, rechts klettern zwei an Land und putzen sich gegenseitig. Biber leben in Familienverbänden — ein Elternpaar und zwei Generationen Jungtiere.
An Zuschauer beim Essen haben sich die Biber in der Nordeifel gewöhnt. Genüsslich kaut ein erwachsenes Exemplar an einer Pflanze. Völlig arglos sind die Tiere dennoch nicht. Immer wieder blickt sich der Biber aufmerksam um. Coenen holt das Modell eines Gebisses hervor. Mit ihren Mahlzähnen fressen die Tiere etwa ein Kilogramm Pflanzen pro Tag. Die Zähne wachsen ständig nach.
Das Nagetier kann Bäume mit bis zu 40 Zentimetern Durchmesser in einer Nacht fällen. „Es ist wirklich unglaublich, was die Biber leisten“, sagt Coenen. Doch das freut nicht jeden. Manche fürchten um ihre Obstbäume, andere um die Stabilität von Wegen und Uferdämmen. „Man muss die Leute frühzeitig mitnehmen und Vorurteile abbauen“, findet die Biologin. Für sie eine Herzensangelegenheit.
Es ist mittlerweile neun Uhr. Die Biber sind mit bloßem Auge kaum noch zu erkennen. Zeit für den Rückweg. Nun kann Familie Biber ihren Vormittag in aller Ruhe gestalten. Denn kaum sind die Menschen hinter der nächsten Biegung verschwunden, machen die Tiere, was sie wollen. Hildegard Coenen hat es selbst erlebt: Als sie bei einer Führung etwas an der Station vergessen hatte, kehrte sie kurzerhand um. Mitten auf dem Wanderweg begrüßte sie ein Biber.