Steffen Schraut: Der Schwabe und die Mode
Der Designer Steffen Schraut hat sich bewusst für den Rhein entschieden. Hier schafft er Mode, die Stars und Sternchen anzieht.
Düsseldorf. Nichts, keine Mode, nicht ein einziges Kleidchen hängt hier. Der Showroom von Steffen Schraut an der Kaiserswerther Straße präsentiert sich ganz weiß-in-weiß: Die Wände und Zwischenwände, das spärliche Mobiliar, die Puppen, die sich nur durch ihre eingefrorenen Gesten unterscheiden, sogar die leeren Kleiderbügel, die bizarre Schatten an die Wände werfen.
„Nichts lenkt ab. Ich brauche diese Atmosphäre, aus der alles entstehen kann“, erklärt Steffen Schraut lächelnd, selbst heute ungewöhnlich farbig mit blau-rot-kariertem Halstuch unterm blauen Jackett zur camel-farbenen Hose. Camel — er liebt diesen vornehmen Farbton. Eigentlich sollte die kommende Winter-Kollektion „cool und clean, schwarz und weiß“ werden. Schraut: „Haben wir ganz kurzfristig umgestellt auf warme Töne“. Etwas mehr Ruhe nach einem Sommer voller Knallfarben. „Luxury Chic“ ist das Thema, gemäßigte Pop-Art mit Couture-Elementen. Elegant, feminin, immer mit den typischen Schraut-Details, die das Modell und damit seine Trägerin unverwechselbar machen und simple T-Shirts adeln. Macht der Mann eigentlich auch Männermode? „Noch nicht“, schmunzelt der Schwabe verschmitzt. Wäre ja auch eine ganz andere Liga. Obwohl: Schraut könnte die Welt der Karrieristen sicher etwas bunter machen.
Dabei war er selber mal so einer. Obwohl — oder gerade weil — er aus einer schwäbischen Textil-Familie stammt, die Blusen produzierte. Doch Sohn Steffen wurde nach einem Escada-Trainings-Programm zur Sicherheit erst mal in eine Banklehre gesteckt. Und sah schon dort etwas anders aus, „schmaler, knackiger, ich war der Exot“. Der dann zielstrebig in die Mode ging, ohne das kaufmännische Wissen aus dem Hinterkopf zu verbannen.
Eine Strecke als Trend-Scout war für ihn wohl eine Marktforschungsreise fürs spätere eigene Label. Zu dem hat ihn nicht zuletzt Mentor Albert Eickhoff ermuntert. Schraut erinnert sich: „Die erste Kollektion, zehn Teile, haben wir noch in privaten Räumen gezeigt.“ Danach wurde nichts mehr dem Zufall überlassen. Kein Geringerer als Design-Papst Peter Schmidt, der schon Jil Sander, Hugo Boss und Strenesse in der Kunst des Weglassens unterstützte, entwarf auch Schrauts schlichtes Label. Zweimal sieben Buchstaben in geometrischer offener Form — die unverkennbar signalisieren: Premium-Klasse. „Aber bezahlbar“, betont der Schwabe. Und tragbar. Das ist ihm wichtig.
Der Mann kann eben nicht nur Mode, sondern auch Marketing. Sein familiärer Hintergrund lässt ihn nicht nur in Formen und Farben, sondern auch in Produktionszeiten und Lieferterminen denken. Das Team ist klein, sein wichtigster Partner „seit 21 Jahren“ im Leben und in der Mode — dort auch als erster Kritiker — ist Thomas Schneider. Der lächelt: „Steffen ist ein extrem offener und liebenswerter Typ.“ Der expandiert vorsichtig, immerhin schon in fast zwanzig Länder.
Der Erfolg gibt ihm Recht. Nicht erst seit Liz Hurley medienwirksam seinen goldenen Trench trug „mit nichts als einem Bikini drunter“. Seitdem darf das Teil in keiner Kollektion fehlen. Seine Zielgruppe definiert Schraut „zwischen 25 und 75“. Typ: Moderatorin. Die lieben ihn sowieso: Bettina Böttinger, Frauke Ludowig, Nazan Eckes, sie alle kamen Anfang des Jahres zu seinem zehnjährigen Jubiläum. Als Birgit Schrowange kürzlich eines seiner schmeichelnden Wickelkleider trug, kamen am nächsten Morgen Dutzende von telefonischen Anfragen.
Steffen Schraut bekennt sich klar zur Modestadt Düsseldorf: „Ich liebe Paris. Und das hier ist wirklich Klein-Paris für mich. Nur übersichtlicher, dafür mit einem großen Einzugsgebiet.“ Sein Wunsch an die Stadt: dass sie an „der extrem wichtigen Modeveranstaltung, die einmal Igedo hieß“, festhält. „Das ist ein ganz wichtiger Faktor. Berlin mag Party sein. Doch hier werden Order platziert. Düsseldorf ist das Parkett, auf dem gearbeitet wird.“
Es ist noch gar nicht lange her, da hat Steffen Schraut hier „Blut und Wasser“ geschwitzt. Beim Modemachen? Nein, beim Mitfiebern. Bei Fortuna: „Ich bin doch ein totaler Fortuna-Fan. Die Spannung war wie vor einer neuen Kollektion.“ Und wo entspannt er sich nach solchen Anstrengungen? „Da fahr ich rüber nach Belgien, Schokolade kaufen.“ Natürlich nur Premium-Qualität.