Grenzenloser Trassen-Jubel
Der satirische Wochenrückblick
Langsam aber sicher neigt sich ein ereignisreiches Jahr dem Ende entgegen. Bedrohte Arten wie die Fledermaus, der gemeine Kammmolch und der lokale Politiker haben sich rechtzeitig vor Einbruch des Winters in den Winterschlaf begeben, um die Überlebenschancen zu erhöhen. Bei der ein oder anderen erwähnten Gattung, so spotten böse Zungen, sei kein Unterschied zum Sommer-Verhalten erkennbar. Für die Knobelfreunde unter unseren Lesern: Damit sind weder die Fledermäuse noch der Kammmolch gemeint.
Apropos Untätigkeit: „Ohne besondere Vorkommnisse“ ist ein trauriges Dokument, dass nicht nur die Zwickauer Zelle eine Gefahr für Deutschland darstellt. Imposant präsentierte das Medienprojekt den tapferen Einsatz unserer Polizei bei der Demo gegen Rechts am 9. November in Vohwinkel. Dort offenbarten unsere Ordnungshüter, wie viel Interpretationsspielraum der Begriff Schutzmann birgt. Wen schützen und vor wem? Am Cinemaxx sollten die Beamten — diesmal gottlob „ohne besondere Vorkommnisse“ — zur Abwechslung mal Kinogäste beschützen, die sich den Film ansehen wollten.
Ob die Polizeipräsidentin der Vorführung beiwohnte, ist nicht bekannt. Ihre Auffassung, dass die Wuppertaler Polizei keineswegs blind auf dem rechten Auge sei, wurde jedenfalls mit den Filmdokumenten eindrucksvoll widerlegt. Lediglich die Tatsache, dass Frauen häufig ein Rechts-Links-Problem haben, dient da notfalls als Erklärung für die Orientierungsschwierigkeiten der obersten Ordnungshüterin.
Wer indes geglaubt hat, in Sachen Nordbahntrasse sei womöglich Sand im Getriebe, muss jetzt gänzlich umdenken. Denn dank des ausgezeichneten Einvernehmens zwischen der Wuppertalbewegung und der Stadtverwaltung geht die Nordbahn-Trasse nun bald ihrer glorreichen Vollendung entgegen.
Um das zu feiern, trafen sich zahlreiche Vereinsmitglieder zum kollektiven Ideenwichteln in der Pauluskirche. Einig und entschlossen entlasteten sie freudetrunken den Vorstand, der zuvor etwaige finanzielle Dissonanzen glaubhaft entkräftete. Als der Vorsitzende Carsten Gerhardt dann auch noch den Streit um die Fördergelder und die Baubeteiligung — wie auch schon 2009 und 2010 — für (schon bald) beendet erklärte, brandete grenzenloser Jubel auf.
Etwas weniger Jubel lösten indes die drei Wuppertaler SPD-Landtags-Musketiere Dietmar Bell, Andreas Bialas und Josef Neumann aus, als sie erklärten, dass sie für die Erhöhung ihrer Diäten stimmen wollten. Na ja, schon klar: Wenn man so hart dafür kämpft, dass Wuppertal mit Millionengeldern aus der Landeskasse saniert wird, da muss man sich natürlich auch selbst mal was gönnen. Und die Wuppertaler, die bald eine höhere Grund-, Hund- und Gewerbesteuer zahlen müssen, die haben da mit Sicherheit Verständnis für. Das Verständnis für die Besoldung von Politikern wächst ja derzeit in ungekanntem Ausmaß. Der gemeine Wuppertaler, sich in Agonie windend, neigt zu der Ansicht: Gott sei Dank wachsen deren Diäten nicht so gewaltig, wie der Winterdienst bei uns teurer wird. Im Januar steht das Thema erneut auf der Tagesordnung. Das wird ein richtig schöner Start ins neue Jahr, Ehrenwort.