Pfarrer im Elektro-Auto: Seit fast zehn Jahren unter Strom
Seitdem die evangelische Kirche auf einigen ihrer Dächer Solarstrom produziert, gehören zwei Elektroautos zu ihrem Fuhrpark.
Wuppertal. Die Schlaglöcher und Unebenheiten der Wuppertaler Straßen kennt Pfarrer Werner Jacken genau — dafür findet er aber auch oft mühelos einen Parkplatz, wenn andere Autofahrer verzweifelte Runden drehen. Und er zahlt auf 100 Kilometer nur rund einen Euro.
Keine Frage, für den Öffentlichkeitsreferenten von Evangelisch in Wuppertal überwiegen die Vorteile seines kleinen roten Elektroautos, mit dem er seit nunmehr fast zehn Jahren durch Wuppertal braust. Daran ändert auch die eher sparsame Federung des dreirädrigen Fahrzeuges nicht, die den Fahrer jede Bodenwelle spüren lässt und auch schon zum ein oder anderen Federbruch geführt hat. „Vom Komfort liege ich irgendwo zwischen Motorroller und Auto“, gibt Werner Jacken schmunzelnd zu. Aber er ist überzeugt: „Mehr Auto braucht man nicht für die Stadt.“
Einziger Wermutstropfen: Bei der Vergabe von Knöllchen werden keine Unterschiede gemacht, auch wenn das Auto nur etwa einen halben Parkplatz ausfüllt, muss fürs Falschparken die volle Strafe gezahlt werden. Und Berge können zum Hindernis werden: „Die Cronenberger Straße komme ich mit 40 kmh hoch. Mancher Bus ist da aber langsamer unterwegs“, so Jacken.
Die Idee kam im Jahr 2001, als die Solaranlage an der Gemarker Kirche eingeweiht wurde. Ausgehend von den Solaranlagen auf Kirchendächern und der Frage, was eigentlich mit dem alternativ produzierten Strom passiert, kam die Idee, diesen auch zu verfahren. Kurz darauf wurden zwei Elektroautos angeschafft, sie befinden sich zwar in Privatbesitz, werden aber für dienstliche Zwecke genutzt. Und eigenen sich natürlich auch hervorragen zu Werbezwecken für die evangelische Kirche: „Wir werden ständig angesprochen und fotografiert“, so Jacken.
Mittlerweile setzten Werner Jacken und der ehemalige Superintendent Manfred Rekowski, der das sogenannte CityEl auch nach seinem Wechsel in die Landeshauptstadt nutzt, um zum Bahnhof zu gelangen, schon auf die zweite Generation Elektroautos. Die Batterien wurden mehrfach ausgetauscht und modernisiert.
Eines der Autos wurde auf hochmoderne Lithium-Ionen-Batterietechnik umgerüstet: 15 Zellen ermöglichen nun einen Reichweite von maximal 100 Kilometern. Eine digitale Anzeige informiert über den Stand der Ladung. „Tankstellen“, das heißt gewöhnliche Außensteckdosen, gibt es neben den beiden Citykirchen auch bei den beiden Pfarrern zu Hause.
In der Stadt ist er teilweise sogar schneller unterwegs als herkömmliche Autos: Der Wagen ist mit rund 200 Kilo sehr leicht und erreicht beim Losfahren auch sofort das volle Drehmoment, da er keine Schaltung hat. „Mit 65 kmh Höchstgeschwindigkeit bin ich auch kein Verkehrshindernis“, sagt Jacken. Seine weitester Ausflug führte den überzeugten Elektroautofahrer übrigens an den Niederrhein.
Geschätzte 50 000 Kilometer hat der Pfarrer in zehn Jahren per Elektroauto zurückgelegt — unfallfrei. „Vor zehn Jahren haben wir eher mitleidige Blicke bekommen. Heute sind die anderen neidisch“, sagt der Öffentlichkeitsreferent.