Stadtteilspaziergänge (2): Ein Dorf mit vielen Attraktionen
Das macht den Stadtteil stark: Alte Fachwerkhäuser, Werkzeugindustrie und die Natur vor der Haustüre.
Cronenberg. „Wir Cronenberger sind gern hier“, sagt Detlef Engelpracht, Ur-Cronenberger und Mitglied der Obrams, einer Cronenberger Mundartgruppe. Er sitzt in der hinteren Ecke des Raums, an einem großen Cronenberger Eichenstammtisch aus dem alten Ratskeller. Trinksprüche sind darin eingeschnitzt. Etwa: „Bürger schreib den Rat Dir auf, erst zahl Steuern und dann sauf.“ Jeden ersten Freitag im Monat treffen die Obrams sich dort, am Bilstein-Patz im Café vom Cleff, der ältesten Schankwirtschaft auf dem Berg. Sie gibt es seit hundert Jahren. Alte Werkzeuge und Bilder schmücken die Wände. „Der Kuchen ist vorzüglich“, sagt der 52-Jährige. Ziel der Obrams ist es, das „Cruembreger Platt“ nicht aussterben zu lassen. Und so wird regelmäßig dort „gekallt“.
Engelpracht lebt schon immer auf dem Berg und würde dort „niemals wegziehen“. Das Schöne an Cronenberg ist für ihn, „dass es ein bisschen so ist, als sei die Zeit stehengeblieben. Hier ist es urgemütlich.“ Nachdem er seinen Kaffee gezahlt hat, geht es vorbei an den Blumenkästen und liebevoll dekorierten Vorgärten in Richtung Bürgerhaus, das in der Nähe der Zwiebelturmkirche liegt. Die Kirche sei das Wahrzeichen Cronenbergs, sagt er. Denn ihr Turm ist von allen Ortsteilen aus zu sehen. „Wenn er auftaucht, ist klar, man ist zu Hause.“
Der Ortskern, mit den alten Fachwerkhäusern, den kleinen Gassen, sei typisch für Cronenberg. Wenn Engelpracht Zeit hat, dann spaziert er durch die Straßen, zu dem malerischen kleinen Park mit dem Ehrenmal, hält hier und da ein Schwätzchen — oder sitzt mit den Mitgliedern des Bürgervereins auf der Bank vor dem Bürgerhaus in der Nähe der Kirche, um „en paar Schnücksker tu vertellen“.
Eine Cronenberger Mentalität gibt es laut Engelpracht nicht. Jeder Ortsteil, ob etwa Berghausen, Cronenfeld, Hahnerberg, Küllenhahn oder Sudberg, habe seine Eigenheiten, seine Stammgaststätten oder Vereinsheime. „Vielleicht ist es die Sturheit, die alle Cronenberger vereinigt. Wenn der Cronenberger einmal ,Nein’ sagt, bleibt es dabei.“ Und natürlich das Vereinswesen — das sei bei allen auf dem Berg gleich stark ausgeprägt, egal ob im Plattkallen, Singen oder im Gemeinwesen. Vor allem aber im Sport: Der RSC Cronenberg mit der Rollsporthalle Am Hofe ist die Nummer eins im Rollhockey in Deutschland. Zwei Traditionsvereine im Fußball, Cronenberger SC und SSV Sudberg — die Grünen und die Blauen — pflegen eine gesunde Rivalität. „Es wird nicht langweilig.“
Doch auch für Nicht-Cronenberger hat der Stadtteil viel zu bieten. Der Männerchor ist eine Institution und Dauergast in der Wuppertaler Stadthalle. „Und auf das TiC-Theater sind wir Cronenberger ganz besonders stolz.“
Wanderer haben die Wahl: Da gibt es das Gelpe- und Kaltenbachtal, an Ruinen früherer Kotten und Hammerwerke vorbei. Den Manuelskotten kann man sogar noch besichtigen — mit funktionierendem Wasserrad. „Spannend ist auch eine Wanderung über die alte Straßenbahntrasse, die hinunter in die Kohlfurth führt — oder man fährt gleich mit der Museumsbahn durch das Kaltenbachtal.“ Unten angekommen liegt das Straßenbahnmuseum mit alten Bahnen. „Stärken kann man sich dann im Strandcafé, an der Wupper“, rät der Obram.
Für Spaziergänger eigne sich die Sambatrasse, „die gleich beim Gartenhallenbad hinter dem Bahnhof beginnt und durchs Burgholz führt“. Dort in der Nähe ist auch das Aboretum, exotische Bäume wachsen dort, die einst zu Forschungszwecken genutzt wurden. „Da bin ich oft.“
Was man an Cronenberg bemängeln könne, sei das Angebot für Kinder. „Spielplätze fehlen. Die wenigen, die wir haben, sind von Jugendlichen annektiert“, sagt er. Ein weiterer Punkt, der nicht nur dem Obram Sorgen bereitet, ist der Leerstand im Ortskern. Wunderschöne Häuschen, etwa eine alte Schmiede, rotten vor sich hin, da die Sanierung viel Geld kosten würde. „Nichtsdestotrotz kann man sich über zu wenig restaurierte alte Schätze nicht beschweren. Die Menschen haben viel Geld in ihre Häuser gesteckt.“
Cronenberg sei eben ein reicher Stadtteil. „Hier ist die Werkzeugindustrie fest verankert.“ Etwa Knipex, Stahlwille, Picard oder Wera. Alle zwei Jahre findet die Cronenberger Werkzeugkiste statt, ein Fest mit Direktverkauf der ortsansässigen Firmen. „Das Geld macht sich optisch im Dorf bemerkbar.“
Wer also alle Wanderungen hinter sich hat, der sollte sich treiben lassen, sagt der Obram. Die Straßen hinunter und hinauf spazieren. „Hier auf dem Berg, gibt es immer wieder was zu entdecken.“
Der nächste Spaziergang führt am Dienstag nach Ronsdorf