Wer hört noch den Löwen brüllen?
Der satirische Wochenrückblick
So wenig ansprechend heuer der Hochsommer daherkam, so üppig werden wir in diesem Jahr mit dem Wetter im Herbst belohnt. Golden wie ein frisches Pils soll er sein: farbenfroh und mit Sonne satt. Der 1. November ist traditionell ein christliches Fest der Besinnlichkeit. Da gedenkt man aller Heiligen — auch solcher, die nicht heiliggesprochen wurden — sowie der vielen Heiligen, um deren Heiligkeit niemand weiß als Gott.
Als ich an diesem traumhaften Tag leichten Herzens durch die Auen schlenderte, dachte ich plötzlich bei mir: „Was ist eigentlich aus dem bergischen Löwen geworden?“ Horst „the Lion“ Ellinghaus zum Beispiel, der in beispielloser Art und Weise die Geschicke unserer schönen Stadt zu lenken suchte, aber nie so recht das Steuer fand. Seit er nicht mehr in der Landeshauptstadt sein gutdotiertes Wesen treibt, hat sich vieles verändert.
Vielleicht konnte die sozialdemokratische Troika Neumann, Bialas und Bell noch nicht ganz diesen Glanz verbreiten, aber sie hat doch immerhin so einiges angestoßen. Sicher werden sie bald an Wuppertaler Schulen wieder wie im Vorjahr aus Peter Pan vorlesen. Dem Träumer, der niemals erwachsen wurde.
So wie Marcel Hafke, der jugendliche Träumer der FDP. Was ist aus ihm geworden, der mit so viel Enthusiasmus in die Landeshauptstadt auszog, um die Welt das Fürchten zu lehren? Wird er täglich zittern, dass die Bürger NRWs nicht zu Neuwahlen an die Urne gerufen werden, weil seine FDP dann gar nicht mehr im Landtag vertreten ist? Was wird dann aus den fest eingeplanten Ruhestandsbezügen?
Und was wird aus seiner Heiterkeit Bernd Simon, wenn er im nächsten Jahr den Fraktionsvorsitz „freiwillig“ abgibt, um den Jüngeren die Fraktionskasse und die Geschicke zu überlassen?
Was wird aus dem frommen Wunsch des Oberbürgermeisters, die Kosten des Döppersberg-Umbaus bei 105 Millionen Euro zu deckeln? Wird der Stadtkämmerer in einer der vielen Kassen womöglich einen Buchungsfehler entdecken, wie er unlängst bei der Pleitebank HRE auffiel? Vielleicht könnten wir uns dann wenigstens leisten, allen Kindern in Wuppertal ein warmes Mittagessen zu kredenzen.
Erfüllt von einem bislang ungekannten Hochgefühl sang ich bei herrlichem Wetter auf dem Westfalenweg aus voller Brust die erste Strophe des Bergischen Heimatliedes. Und wenn die guten Wünsche für mein Tal im nächsten Jahr nicht gestorben sind, singe ich an gleicher Stelle auch noch die zweite Strophe, Ehrenwort.