Kreuzfahrt - das Kirchentagsblog Kirchentag in Berlin: Emojis, Manchester und ein diffuses Gefühl im Magen

"Du siehst mich" heißt das Motto des 36. Deutschen Evangelischen Kirchentags. Unser Reporter Ekkehard Rüger berichtet im Blog aus Berlin.

Der Berliner Tagesspiegel neben dem Kirchentagsprogramm.

Foto: Ekkehard Rüger

Berlin. Eine komische Zusammenstellung neben mir auf dem Esstisch in unserem Wilmersdorfer Gastquartier: das Kirchentagsprogramm mit der Emoji-Anleihe auf dem Titel, darunter der Berliner Tagesspiegel mit der Überschrift "'Feiger Anschlag' - das Ziel waren Kinder". Man bekommt diese zwei Wirklichkeiten nicht so recht übereinander.

"Du siehst mich" heißt das Motto des 36. Deutschen Evangelischen Kirchentags. Es stammt aus dem 1. Buch Mose. Abrahams Frau Hagar sagt dort voller Vertrauen: "Du bist ein Gott, der mich sieht." Später wird sie dem 86-jährigen Abraham seinen ersten Sohn schenken - Ismael.

Das Motto ist ein tröstendes, weil in ihm der alte Glaubenskern verborgen liegt, dass Gott niemanden aus dem Auge verliert, auch in aller Not nicht. Das wäre durchaus ein Brückenschlag zu den Toten und Verletzten von Manchester. Aber als die Kirchentagsverantwortlichen vor Monaten die grafische Gestaltung festgelegt haben, wollten sie das Motto ganz offensichtlich mit Zeitgeist und Fröhlichkeit verbinden, die sie sich für die fünf Tage in Berlin und Wittenberg wünschten. Also ist das Motto zu einem Smiley-Mund gebogen und mit zwei Kulleraugen versehen worden.

Das kann man lustig finden oder ein bisschen gruselig, weil die Augen im Kombination mit dem Bibelzitat auch leicht "Big Brother"-Assoziationen wecken können. Eines ist die Gestaltung aber sicher nicht: tröstlich.

Innenminister Thomas de Maizière (CDU), selbst bei mehreren Veranstaltungen dabei, rückt den Kirchentag in den Mittelpunkt der deutschen Sicherheitsüberlegungen für die nächsten Tage. Auf Twitter werben die Veranstalter schon um Verständnis, dass es heute Abend bei den Eröffnungsgottesdiensten zu verschärften Sicherheitskontrollen kommen kann. Das Gemeinschaftsgefühl in U-Bahnen und auf Plätzen, das seit jeher die Kirchentage prägt, erhält dadurch ein von Bedenken geprägtes diffuses Magengefühl als Begleitung.

Ganz wenige Menschen hätten wegen des Anschlags in Manchester ihre Karten zurückgegeben, meldeten die Veranstalter am Nachmittag. Aber all die anderen, die trotzdem kommen und heute Abend nach Berlin-Mitte drängen, werden aller Voraussicht nach keinen ungetrübten Smiley im Herzen tragen. Ich auch nicht.