Der Abschied aus Melbourne fällt schwer
Melbourne. Jetzt ist es also so weit. Zwei Tage wollte ich damals in Melbourne bleiben - für diese Dauer hatte ich mal von Deutschland aus mein Hostel gebucht. Drei Monate später geht es jetzt tatsächlich weiter.
Von meinem zweiten Job, meinem zweiten längerfristigen Zuhause nach der Cattle Station im Northern Territory nehme ich ganz andere Eindrücke mit, andere Geschichten, andere Lehren. Eine aber bleibt: Wenn man sein gewohntes Umfeld, seine kleine Komfortzone zu Hause mit all ihren bekannten Gesichtern und ihrer Geborgenheit, mal verlässt, nisten sich neue Menschen, die man trifft, viel schneller im Herzen ein. Und es ist unglaublich, wie schnell und wo man sich heimisch fühlen kann. Selbst in einem wenige Quadratmeter großen Zimmerchen mit zwei Hochbetten und einem schimmeligen Badezimmer.
Mein erster Eindruck über Melbourne hat sich bestätigt: Die Menschen sind anders als die Rauhbeine im Outback. Sie lächeln viel und fragen freundlich nach dem Befinden; aber sie sagen nicht immer, was sie wirklich denken. Wie vermutlich alle Großstädter der Welt. Und doch habe ich vor allem wunderbare Charaktere kennen gelernt. Dean, den Manager in unserem Restaurant, der mir, als ich ihm von meiner geplanten Abreise erzählte, sagte, er wolle mich eigentlich niemals gehen lassen, freue sich aber aufrichtig für mich. Meine Kollegin Cheryl aus den Staaten, die in der gleichen Situation spontan zu weinen angefangen hat - während sie einen Tisch für wartende Kunden vorbereitete. Natürlich meine Mitbewohnerin Burcin und Roadtrip-Königin Victoria. Die immerfröhliche Italienerin Claudia, den gleichfalls immerspaßenden Engländer Gordon, den verrückten Holländer Davo, der selbst durch Pulli und 50plus-Sonnencreme in der australischen Sonne noch einen Sonnenbrand bekommen hat, und wiederum Italiener Davide, der ankündigte, meine Personaltasse aus dem Teatro mit meinem Namensschild zu behalten und immer zu lächeln, wenn er künftig daraus trinke und an mich denke.
Wenn mich die Zeit als Cowgirl in die härteste Version meiner selbst verwandelt hat, dann hat Melbourne mich zumindest in die sportlichste Version verwandelt. Das Gefühl, zwischen Betonwänden eingezwängt zu sein, nicht mehr vorwärts zu kommen, hat mich zuletzt so beengt, dass ich jeden Tag Sport gemacht habe. Fast wie all die Schicksen, die täglich mit ihrem Personal Trainer den Yarra River entlangspurten - in Sachen Adaption muss ich mir zumindest nichts vorwerfen. In meiner Routine aus morgendlichem Training, Arbeit, Feierabendwein habe ich mich gemütlich eingerichtet - und sie zu verlassen, ist wie immer, wenn man geht, ein entwurzelndes Gefühl und nicht nur schön. Aber ich bin ja nicht auf Reisen, um gemütlich routiniert zu sein.
Es ist Zeit, weiterzureisen. Und trotzdem heule ich wie ein Schlosshund, als mich Cheryl und Victoria am Gate des Avalon Airport drücken. Und immer noch, als ich ins Flugzeug nach Sydney einsteige. Das, was auf Reisen am meisten beeindruckt, sind eben doch nicht Hiking in den Grampians, Zwölf Apostel, heiße Quellen auf der Mornington Peninsula, Pinguine auf Phillip Island und Partynächte in Melbourne. Am Ende sind es die Menschen, die man getroffen hat. Und hoffentlich sind diese Eindrücke bleibend.