Sinnkrise überwunden: Neid bleibt Bundestrainerin

Frankfurt/Main (dpa) - Silvia Neid hat ihre Sinnkrise überraschend schnell überwunden und bleibt Trainerin der deutschen Fußball-Frauen.

Vier Tage nach dem bitteren Viertelfinalaus bei der Heim-WM entschied sich die 47-Jährige nach einem Gespräch mit den DFB-Verantwortlichen, ihren erst vor dem Turnier bis 2016 verlängerten Vertrag zu erfüllen.

„Nach dem auch für mich enttäuschenden Ausscheiden bei der WM brauchte ich ein paar Tage zum Nachdenken“, sagte Neid über ihre Beweggründe. „Ich war jetzt drei Tage zu Hause und habe mir das durch den Kopf gehen lassen. Ich habe dann gesagt: Nein, ich bin motiviert für die EM und ich kann mich motivieren, eine neue Mannschaft aufzubauen“. Kurz zuvor hatte sie in mehreren Interviews noch Rücktrittsgedanken geäußert und eine längere Bedenkzeit angemeldet.

Der „entscheidende Antrieb“ zur Kehrtwende seien „der große Zuspruch meiner Mannschaft und das Vertrauen“ von DFB-Präsident Theo Zwanziger und Generalsekretär Wolfgang Niersbach gewesen, meinte Neid. „Ich hatte ein super Gespräch mit unserem Präsidenten“, sagte sie am Abend im ZDF, bevor sie das WM-Halbfinale zwischen Schweden und Japan „mit einem weinenden Auge“ im Frankfurter WM-Stadion verfolgte. Erst am Vortag hatte sie betont, die Weltmeisterschaft zunächst als Zuschauerin „zu Ende bringen“ zu wollen, um dann nach einer Analyse über ihre Zukunft zu entscheiden.

Beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) sorgte der Entschluss für große Freude. „Es ist eine gute Entscheidung für den Frauenfußball, dass Silvia Neid ihre Arbeit als Bundestrainerin fortsetzt und wir sind sicher, dass sie mit hoher Motivation das nächste große Ziel EM 2013 in Schweden angehen wird“, sagte Niersbach in einer am Abend während des ersten Halbfinals zwischen den USA und Frankreich verbreiteten Mitteilung. „Wir sind davon überzeugt, dass Silvia die richtige Trainerin für unsere Nationalmannschaft ist“.

Zuvor hatte Zwanziger intensiv um eine Fortsetzung der Arbeit mit Neid geworben. „Sie ist die beste Trainerin, die ich mir vorstellen kann“, sagte der DFB-Chef. „Silvia Neid ist DFB, da gibt es gar nichts anderes. Das ist meine Trainerin, ich werde sie nicht ganz so einfach gehen lassen.“

Bei der Weltmeisterschaft war die DFB-Elf nach einer 0:1-Niederlage gegen Japan sensationell schon in der Runde der besten Acht gescheitert. Die deutliche öffentliche Kritik an der taktischen Ausrichtung des Teams und ihrem Führungsstil hatte Neid zunächst offenbar zum Nachdenken gebracht. Man müsse „alles in Frage stellen, auch ich mich selbst“, meinte sie noch am Mittwoch in einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“.

Die Beurteilung der Gründe für das WM-Scheitern stehen noch aus, nur die tagelangen Spekulationen über die Zukunft der Bundestrainerin erweisen sich nun als Sturm im Wasserglas. „Ich habe so viel Zuspruch bekommen, dass ich wieder voller Tatendrang bin und es gar nicht mehr abwarten kann, unten am Feld zu stehen“, sagte Neid. Als nächstes Länderspiel steht für sie der Start in die EM-Qualifikation gegen die Schweiz im September auf dem Programm. „Wir gehen mit Demut und Bescheidenheit an die Sache und nicht mit Arroganz. Das würde uns gut zu Gesicht stehen“, meinte die Bundestrainerin.

Zahlreiche Spielerinnen hatten sich während des Schwebezustands pro Neid ausgesprochen - und nach der Verkündung zeigte sich Linda Bresonik „glücklich und erleichtert“. „Ich hätte mir auch nichts anderes vorstellen können“, sagte die Defensivallrounderin der Nachrichtenagentur dpa. „Es war aber ein ganz schönes Hin und Her in den letzten Tagen“.

Auch in der Bundesliga wurde das Ende der Neid-Debatte mit Freude aufgenommen. „Das ist ein gutes und richtiges Zeichen. Das zeigt im positiven Sinne, dass sie mit Blick auf die Zukunft Verantwortung übernimmt“, erklärte Siegfried Dietrich, Manager des 1. FFC Frankfurt und Ligasprecher, auf Anfrage. „Ich habe eigentlich immer daran geglaubt, dass sie weiter macht und wünsche mir eine noch engere Zusammenarbeit mit den Bundesligavereinen.“