Berlins Olympia-Konzept: Beachvolleyball am Reichstag
Berlin (dpa) - Berlins vermeintlicher Vorteil im Kampf um Olympischen Spiele könnte zugleich sein Handicap sein. Dezentrale Spiele in bereits vorhandenen Sportstätten sieht das aktuelle Konzept für 2024 oder 2028 vor, also keine Sportwettkämpfe in einem speziellen „Olympia-Quartier“.
Das ist letztlich billiger, als wenn eine Stadt komplett neue Stadien, Hallen und Unterkünfte an einem Standort baut. Viele Mitglieder im Internationalen Olympischen Komitee (IOC) wünschen sich aber gerade Spiele, die sich in einem Cluster konzentrieren. Damit wirbt der nationale Konkurrent Hamburg. Am 21. März entscheidet der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), welche Stadt er ins Rennen schicken will.
Der Berliner Senat kennt diese Vorlieben. Folgerichtig schreiben die Olympia-Werber der Stadt in ihrer offiziellen Interessenbekundung: „Spiele mitten in der Stadt“ und „im Herzen der Stadt“ - heißt es im Olympia-Konzept. Dass dies nicht ganz korrekt ist, zeigt der Blick auf die Karte.
Die geplanten Wettbewerbe auf dem Berliner Stadtgebiet platzieren sich nicht nur in der bekannten Mitte der Hauptstadt rund um Brandenburger Tor und Reichstag. Hier könnten Marathon und Triathlon enden, Beachvolleyball vor historischer Kulisse ausgetragen werden. Auch die Springreiter könnten vor dem Reichstagsgebäude zu ihren Sprüngen ansetzen.
Ansonsten verteilen sich die Wettkämpfe und Standorte über das gesamte Stadtgebiet, so dass bis zu 40 Kilometer zwischen den Standorten liegen: Vom Olympiastadion im äußersten Westen Berlins über das Olympische Dorf auf dem jetzigen Flughafen Tegel im Nordwesten bis zum Fußballstadion in Köpenick am südöstlichen Rand der Stadt. Ebenso vom nördlichen Freizeitpark Lübars bis zum Tempelhofer Feld im Süden.
Trumpfen kann die Hauptstadt mit ihrem Olympiastadion, das Platz bietet für die Eröffnungsfeier, die Leichtathletik und die Fußballendspiele. Deutschlands größter Standort für Leistungssport, das Sportforum in Berlin-Hohenschönhausen, soll in mehreren Hallen Handballer, Badmintonspieler und weitere Sportler aufnehmen.
Vier der fünf östlichen Bundesländer sind in Berlins Olympiaplanung integriert. Brandenburg steht bereit für Dressurreiten vor der Kulisse im Park Sanssouci, Rudern und Kanu-Rennsport auf dem Beetzsee und Golf im Berliner Umland. Für Segeln bietet sich die Ostseeküste bei Warnemünde an. Leipzig käme beim Kanu-Slalom zum Zuge. Für Fußballspiele der Vorrunde ließen sich auch die Stadien in Cottbus, Rostock und Magdeburg nutzen.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) betont immer wieder die Bescheidenheit und Nachhaltigkeit der Planungen. Wenig müsste neu gebaut werden, und die Modernisierung der Sportanlagen soll nachfolgenden Generationen zu Gute komme. „Die Infrastruktur, die wir bereits haben, muss in den nächsten zehn Jahren zum größten Teil sowieso erneuert werden“, meint Müller.
Kritiker halten diese Argumente für Senats-Propaganda. London habe gezeigt, dass mehr als 40 000 Funktionäre und Sportler sowie 25 000 Gäste der Sponsoren durch die Stadt transportiert werden müssten. Viele der weit entfernten Sportanlagen müssten durch neue Straßen noch verbunden werden, weil sich das IOC zum Teil vertraglich eigene Sonderspuren zusichern lasse.
Weder millionenteure, olympiataugliche Umbauten der bestehenden Sportanlagen noch neue Schwimmhallen für die Wettkämpfe kämen den Berlinern und dem Breitensport zu Gute, so die Kritiker, die fragen: „Sollte nicht doch in die Schulen, Schulturnhallen und Vereinssportanlagen investiert werden?“ Der Sanierungsbedarf bei den Breitensportanlagen liegt laut Landessportbund bei etwa 300 Millionen Euro. Das ist nur ein Bruchteil der möglichen Olympia-Ausgaben.