Winterspiele Nordkorea erwägt Olympia-Start - Neue Kritik an IOC

Berlin (dpa) - Nach erneuter Kritik an seiner Russland-Politik kann IOC-Chef Thomas Bach zumindest beim Problemfeld Nordkorea auf Entspannung vor den Winterspielen in Pyeongchang hoffen.

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Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un zeigte sich in seiner Neujahrsansprache überraschend dazu bereit, eine Delegation zu den am 9. Februar beginnenden Spielen im Nachbarland zu entsenden. Das Internationale Olympische Komitee werde diese Ankündigung „unvoreingenommen prüfen“, teilte ein Sprecher am Montag mit. Möglich ist, dass Athleten aus Nordkorea auch nach Ablauf der Meldefristen eine Wildcard für einen Olympia-Start erhalten.

Für IOC-Präsident Bach liefert Kims unerwartetes Signal gut fünf Wochen vor der Eröffnungsfeier eine willkommene Abwechslung zu den anhaltenden Attacken gegen die Beschlüsse in der Affäre um das organisierte Doping in Russland. Kurz vor dem Jahreswechsel hatte der Anwalt des Kronzeugen Grigori Rodschenkow, dem in die USA geflüchteten früheren Leiters des Moskauer Doping-Kontrolllabors, Bach zum Rücktritt aufgefordert. „Das IOC hat sich als jämmerlich erwiesen, ein Wechsel an der Spitze ist angebracht“, stellte der New Yorker Jurist Jim Walden in einer Mitteilung fest, über die der Branchendienst „insidethegames“ berichtete.

Walden warf dem IOC vor, vor der Macht Russlands auf die Knie gegangen zu sein, während ein Land wie Kuwait wegen der politischen Einflussnahme auf die nationalen Sportverbände seit Jahren suspendiert ist. Bach indes verteidigte in einem Interview der „Welt am Sonntag“ erneut die IOC-Entscheidung, russische Einzelsportler unter der Bezeichnung „Olympische Athleten aus Russland“ (OAR) in Pyeongchang starten zu lassen und nur die Mannschaft auszuschließen. Die These, man habe auf diese Weise Russlands Präsident Wladimir Putin nicht verärgern wollen, sei „eine haltlose Theorie“ und werde vornehmlich in Deutschland vertreten, sagte Bach.

„Wie weit sie von der Realität entfernt ist, sieht man nicht nur an der Reaktion der Öffentlichkeit in Russland, sondern insbesondere an der Tatsache, dass der vom IOC lebenslang gesperrte stellvertretende Ministerpräsident Witali Mutko diese Strafe gerichtlich anfechten will“, erklärte Bach.

Bach unterstrich, durch die Oswald-Kommission habe man hieb- und stichfeste Beweise für die systemische Manipulation des Anti-Doping-Systems in Russland bekommen, insbesondere während der Winterspiele 2014 in Sotschi. Die Beweise beruhten nicht nur auf den Aussagen von Rodschenkow.

Insgesamt 43 russische Athleten wurden von der IOC-Disziplinarkommission lebenslang für Olympia gesperrt. Offen ist, ob der Internationale Sportgerichtshof CAS alle Sperren bestätigen wird. Bach erinnerte daran, dass der CAS im Zuge einer Doping-Affäre um österreichische Sportler 2006 in Turin alle lebenslangen Olympia-Sperren des IOC bestätigt habe. Sollte er das in den Fällen der russischen Sportler nicht tun, „wäre dies kein Schlag ins Gesicht des IOC. Gerichte und deren Rechtsprechung muss man respektieren, auch wenn sie einem nicht gefällt“, sagte Bach.