Mutapcic vor EM-Quali: „Ich bin immer Optimist“
Berlin (dpa) - Die deutschen Basketballer starten am Sonntag in Polen in die EM-Qualifikation. Emir Mutapcic soll nach der Degradierung von Frank Menz das junge Team als Bundestrainer zur Europameisterschaft führen.
Im Interview der dpa spricht der erfahrene 54-Jährige, der vorerst nur zwei Monate Bundestrainer ist, über das große Potenzial von Dennis Schröder, das Langfristziel Olympia und warum er sich nicht mit Dirk Nowitzki beschäftigt.
Über die EM soll der Sprung zu den Sommerspielen 2016 in Rio gelingen. Sie haben neben Bronze 1984 noch ein besonderes Olympia-Erlebnis. Haben Sie Ihre Erfahrungen genutzt, um den jungen Spielern die Faszination des langfristigen Ziels zu erklären?
Mutapcic: Es stimmt, ich habe die Fackel 1984 bei der Eröffnungsfeier in Sarajevo getragen, vielleicht 500 Meter vor dem Stadion. Damals war ich der beste Spieler von Bosnien-Herzegowina, viele andere Sportler und ich hatten dieses Privileg bekommen. Aber ich bin nicht mit Olympia beschäftigt, wir haben viele andere Probleme. Olympia ist noch ganz weit weg für uns. Unser erstes Ziel ist die Qualifikation für die EM, das zweite ist, dass die besten Spieler spielen und die Mannschaft für längere Zeit zusammenbleibt.
Wie zuversichtlich sind Sie, dass diese Probleme überwunden werden können?
Mutapcic: Unsere Vorbereitung war nicht optimal. Dennis Schröder, Daniel Theis und Elias Harris haben Summer League gespielt, das ist das größte Problem gewesen und meine größte Sorge. Wir haben zwar Qualität bekommen, aber wir sind etwas aus unserem Konzept gegangen. Wir sind noch weit weg von unserem Potenzial. Aber ich habe keine Zweifel, dass wir es schaffen. Ich bin immer Optimist.
Müsste die Bedeutung der Nationalmannschaft für die Spieler größer sein?
Mutapcic: Meiner Meinung nach ja. Wir müssen den Spielern die besten Möglichkeiten geben, dass sie sich verbessern bei der Nationalmannschaft - technisch und taktisch. So können auch die Vereine von der Nationalmannschaft profitieren. Es ist wichtig, dass alle Spieler mit gleicher Lust, gleichem Stolz, gleicher Identifikation zur Nationalmannschaft kommen. Wir haben Spieler, die in der BBL unter Vertrag stehen, aber in die Summer League gehen, weil sie denken, es wäre dort besser, als mit uns zu trainieren.
Dirk Nowitzki hat sich seine Teilnahme bei der EM offengelassen. Viele junge Spieler schwärmen jetzt schon von der Möglichkeit, noch einmal mit ihm zu spielen. Wie stehen Sie dazu?
Mutapcic: Nowitzki ist der beste Spieler in der Geschichte des Basketballs in Deutschland. Aber was sehr wichtig ist: Wir haben vor Nowitzki in Deutschland Basketball gespielt, und wir werden es nach ihm tun. Man kann jetzt nicht sagen, wenn Nowitzki spielt, bin ich da. Das wäre die falsche Einstellung. Alle müssen sich identifizieren, alte und junge Spieler. Wenn Nowitzki da ist, ist es okay, dann ist er da. Aber auch 2002 hat er nicht allein gespielt. Diese Identifikation kann es nicht durch eine Person geben, das wäre total falsch. Die Nationalmannschaft muss die Realität akzeptieren - ich hoffe, dass er noch zwei, drei Jahre spielen kann. Er hat jetzt aber Familie, ein anderes Leben. Ob er nächstes Jahr kommt, beschäftigt mich nicht.
Ihre Philosophie ist, dass jeder Spieler zwei Dimensionen haben muss - defensiv wie offensiv. Welche Dimension muss Dennis Schröder noch zu seinem Spiel hinzufügen?
Mutapcic: Er kann schneller spielen und kann das Spiel sehr gut mit Rhythmuswechseln organisieren. Er hat das jetzt schon mit 20 Jahren bei Atlanta und bei uns gezeigt. Er hat ein großes Potenzial, seine Einstellung ist stark, er hat diesen Ehrgeiz und diesen Willen. Mit ihm hat der deutsche Basketball etwas Neues bekommen.
Auch wenn dieser Vergleich immer Druck aufbaut - kann er ein Gesicht für diese Sportart in Deutschland werden, wie es Dirk Nowitzki über mehr als ein Jahrzehnt war?
Mutapcic: Er hat Talent, er hat alles. Er muss sich das Ziel setzen, besser als Nowitzki zu werden. Er muss dafür investieren. Wer mit Nowitzki gearbeitet hat, weiß, was er investiert: Er trainiert jeden Sommer hart. Für mich als Bundestrainer ist wichtig, dass Dennis sich hier voll mit dem Nationalteam identifiziert, dass die Leute in Atlanta Vertrauen in uns bekommen. Die Leute in Atlanta sind seriös, sie wissen, dass Dennis helfen kann, was wir hier mit ihm machen. Wie weit er es schaffen wird, wird die Zeit zeigen.
Ihr Vertrag endet hingegen in einem Monat. Sie bauen hier etwas auf, haben Sie den Wunsch, das auch weiter voranzutreiben?
Mutapcic: Ich habe noch nicht viel darüber gesprochen und nachgedacht. Wenn alles fertig ist, werden wir uns zusammensetzen und analysieren, was gut, was schlecht war und schauen, in welche Richtung der Verband will und in welche Richtung ich will. Das ist weit weg von meiner aktuellen Konzentration.
ZUR PERSON: Emir Mutapcic (54) gewann als Spieler mit Jugoslawien unter anderem Olympia-Bronze 1984. Der Deutsch-Bosnier kam 1991 zu ALBA Berlin und führte den Hauptstadtclub als Trainer zu drei Meistertiteln. Nach einer gemeinsamen Zeit beim deutschen Nationalteam ist er derzeit auch beim FC Bayern Assistenztrainer von Svetislav Pesic.