Nach Coming Out: NBA-Profi Collins wartet auf Jobangebot
Los Angeles (dpa) - Er hat sein Herz geöffnet - und steht jetzt vor verschlossenen Türen. Basketball-Profi Jason Collins ist ein halbes Jahr nach seinem Coming Out noch ohne Job.
Am 29. April hatte er in einem Artikel der „Sports Illustrated“ sein jahrelanges Versteckspiel aufgegeben. „Ich bin ein 34 Jahre alter NBA-Center. Ich bin schwarz. Und ich bin schwul“, schrieb Collins und ging als erster homosexueller Sportler der vier nordamerikanischen Profiligen in die Geschichtsbücher ein.
Kobe Bryant, LeBron James und Steve Nash gratulierten umgehend, US-Präsident Barack Obama griff noch an jenem Montag zum Telefonhörer und sagte Collins persönlich, wie stolz er auf ihn sei. „Dies ist ein weiteres Zeichen, dass wir Leute fair behandeln, sie nach ihrem Charakter und ihren Leistungen beurteilen und nicht nach ihrer sexuellen Orientierung“, betonte Obama.
Jason Collins hatte sich über diese Worte gefreut. Und dennoch wundert er sich, warum er nach seinem Outing immer noch keinen neuen Verein gefunden hat? Am 29. Oktober startet die NBA in ihre neue Saison. Collins ist seit 2001 immer dabei gewesen. Doch seine Hoffnung wird geringer und zugleich die Wahrscheinlichkeit größer, dass der 2,13 Meter-Mann den Saisonauftakt wohl diesmal von der heimischen Couch aus verfolgen muss. „Ich möchte nicht spekulieren. Aber ganz ehrlich, ich denke, dass ich besser bin als einige Spieler, die derzeit in der Liga sind“, sagt er selbstbewusst.
Doch was passiert, wenn Collins auch weiterhin keinen Verein findet? „ESPN“ warf für diesen Fall auf seiner Internetseite schon mal die Frage auf, ob Collins' Outing dann „eher symbolisch“ war oder dennoch als „langfristig wichtiger Moment“ anzusehen ist? Rick Welts hat zwar keine Antwort darauf, weiß aber genau, wie sich Collins fühlt. Welts ist Team-Präsident der Golden State Warriors. Nachdem er fast 25 Jahre lange seine Beziehungen zu Männern geheim hielt, machte Welts im Frühjahr 2011 seine Homosexualität öffentlich - als erster NBA-Offizieller.
„Ich hoffe für Jason, dass er wieder spielt und wir dann bald nur noch darüber reden, dass er ein guter Bankspieler sowie ein hervorragender Teamkollege ist“, sagt Welts. Collins hat vor allem Erfahrung zu bieten. In zwölf NBA-Jahren hat er viel erlebt, stand in fast allen Situationen auf dem Parkett. Mit den New Jersey Nets spielte er 2002 gegen die Los Angeles Lakers und 2003 gegen die San Antonio Spurs in den NBA-Finals. Seine Gegenspieler unter dem Korb hießen Shaquille O'Neal und Tim Duncan.
Collins Karriere-Durchschnittswerte von 3,6 Punkten und 3,8 Rebounds pro Spiel sind allenfalls Mittelmaß. Dennoch hat er in den vergangenen Jahren immer ein Team gefunden. Sein Berater, Arn Tellum, hatte im Sommer drei Anfragen bekommen - eine von den Detroit Pistons. Doch die entschieden sich letztlich für Josh Harellson. Der geht in seine dritte NBA-Saison und kostet eine halbe Million weniger als Collins (1,4 Mio. Dollar). „Meiner Meinung nach sollte es nicht nach den Kosten gehen. Die NBA ist die Liga für die besten Spieler, nicht für die am erschwinglichsten“, so Collins.
Er hat früher zu Routiniers wie Dikembe Mutombo oder Alonzo Mourning aufgesehen. Mourning beendete mit 38 Jahren seine Karriere, Mutombo war bei seinem Rücktritt im Frühjahr 2009 fast 43. „Sie haben Körper und Geist fit gehalten und sind erfolgsbesessen geblieben. Ich denke, du solltest immer solche Spieler im Team haben, die als Vorbild gelten“, sagt Collins.
NBA-Chef David Stern schweigt zum Thema. Stattdessen redete ein Team-Manager, der anonym bleiben wollte. Gegenüber der „New York Times“ betonte er, dass „einige Teams einfach wegen des Medien-Echos nichts damit zu tun haben wollen.“ Denn wer Collins verpflichtet, rückt umgehend in den medialen Mittelpunkt.
Doc Rivers wäre das ziemlich egal. Der neue Coach der Los Angeles Clippers hat Collins vor einem Jahr bei den Boston Celtics trainiert. Wenn einer seiner Center sich verletze und Collins noch zu haben sei, werde er ihn sich holen, betonte Rivers. „Und zwar nicht, weil er homosexuell ist, es eine gute Story wäre und für Aufmerksamkeit sorgen würde. Ich würde ihn verpflichten, weil er wertvoll für uns sein kann“, so Rivers weiter.
Collins sieht das Warten als Test. Er weiß, dass neben dem dreistündigen Training an sechs Tagen pro Woche vor allem Geduld gefragt ist. Bereut hat er seinen Schritt trotz der Umstände nicht. „Es fühlt sich so toll an, endlich die Wahrheit zu sagen, ein authentisches Leben zu führen und nicht ständig die Angst zu haben, ob heute vielleicht der Tag ist, an dem jemand es herausbekommt.“