Biedermann wieder Dritter: „Bisschen enttäuscht“
Shanghai (dpa) - Wieder Bronze für Paul Biedermann, diesmal aber mit gemischten Gefühlen. Nach Platz drei über 200 Meter Freistil bei der Schwimm-WM in Shanghai zeigte der entthronte Titelverteidiger deutlich weniger Freude als nach den 400 Metern.
Er wusste: Es war mehr drin. „Ich bin noch ein bisschen enttäuscht. Irgendwie wollte ich mehr, es war alles so eng“, sagte Biedermann. In einem spannenden Finale sicherte sich der Europameister in 1:44,88 Minuten noch die WM-Bronzemedaille. Neuer Weltmeister wurde der Amerikaner Ryan Lochte in 1:44,44 Minuten. Der 14-fache Olympiasieger Michael Phelps belegte den zweiten Platz, 9/100 Sekunden vor Biedermann.
„Ein bisschen ärgert mich, dass Phelps vor mir ist“, sagte der deutsche Weltrekordhalter und hat sich den Zeitpunkt für die Revanche schon ausgeguckt. „Jetzt ist die Zeit, zu Olympia zu schauen, und jeder Tag zählt.“ Nach dem souveränen Halbfinal-Auftritt, als er vor den beiden US-Boys anschlug, hatte Biedermann mit mehr geliebäugelt. Der Hallenser erzielte seine schnellste Zeit seit Verbot der Hightech-Anzüge Ende 2009 und hat damit allen Kritikern bewiesen, auch ohne Plastikhaut schnell zu sein.
Für Rückenspezialist Helge Meeuw reichte es nicht zu Edelmetall über 100 Meter. Der Vize-Weltmeister von 2009 musste sich bei seinem Comeback nach 53,28 Sekunden mit dem siebten Platz begnügen. 3/10 fehlten zu Bronze. Die Franzosen Camille Lacourt und Jeremy Stravius teilten sich den Sieg. Beide schlugen nach 52,76 Sekunden an. „Saisonbestzeit im Finale, was will ich mehr“, meinte Meeuw.
Für Jubelstürme sorgte Zhao Jing, die vor 12 000 Zuschauern über 100 Meter Rücken der Frauen für das zweite Becken-Gold der Gastgeber sorgte. Die 1500 Meter Freistil gewann Lotte Friis aus Dänemark, Rebecca Soni (USA) war über 100 Meter Brust nicht zu schlagen.
Biedermann war die 200 Meter schneller als gewohnt angegangen. Er lag mit dem erneut langsamsten Start aller Finalteilnehmer aber zurück, war Sechster nach 50 Metern und Vierter vor der Schlussbahn. Bei den Wenden verlor Biedermann gegenüber der besseren US-Technik viel Zeit. „Das ärgert mich, ich weiß, was ich noch zu tun hab.“ Mit den bekannten Spurtqualitäten reichte es knapp für Platz drei. 400-Meter-Weltmeister Park Tae-Hwan (Südkorea) lag als Vierter 4/100 Sekunden hinter Biedermann, Yannick Agnel (Frankreich) auf Platz fünf 11/100. Vor den Augen von Freundin Britta Steffen sicherte Biedermann die dritte Bronzemedaille der Beckenschwimmer. Insgesamt war es die elfte von 14 eingeplanten Edelplaketten des deutschen Teams in China.
Bei der Siegerehrung konnte der 24-Jährige am 75. Geburtstag der daheim in Halle/Saale gebliebenen Oma („Die haben heute wieder großes Kaffeekränzchen“) wieder lächeln und jubelte den 150 Fans der deutschen Schwimm-Jugend zu. Das Grübeln blieb aber. „Ich habe überlegt, was ich falsch gemacht habe. Ich habe so viel am Start verloren, das muss ich angehen mit meinem Trainer“, sagte Biedermann, und angesprochen auf sein jahrelang bekanntes Startproblem meinte er lachend: „Davon habe ich die Schnauze voll.“ Beim Abgang von der Pressekonferenz sorgte er noch für einen Lacher: Die Bronzemedaille hätte er fast auf dem Tisch liegen lassen.
Silke Lippok erreichte bei ihrer WM-Premiere das Finale über 200 Meter Freistil - 1:57,02 Minuten reichten nach einem beherzten Rennen zum Halbfinal-Platz sieben. „Ich wollte von vorne schwimmen, das ist meine Taktik, weil ich hinten raus nicht so schnell bin wie die anderen“, sagte die 17-Jahre alte Vize-Europameisterin. Hendrik Feldwehr (Essen) zog als Halbfinal-Siebter in den Endlauf über 50 Meter Brust ein. „Ich freue mich riesig“, sagte der WM-Vierte von 2009.