Brähmers Wellness-Tag und Gutknechts Hunger

Neubrandenburg (dpa) - Für Boxweltmeister Jürgen Brähmer sind Training und Titelkämpfe die pure Erholung.

Brähmers Wellness-Tag und Gutknechts Hunger
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„Dann habe ich den häuslichen Stress nicht. Meine Kinder sind noch sehr jung und anstrengend“, sagt der Schweriner WBA-Weltmeister im Halbschwergewicht. Am Samstag darf sich der 37-Jährige seinem ungewöhnlichen Wellness-Programm hingeben. Im ausverkauften Neubrandenburger Jahnsportforum heißt sein Rivale Eduard Gutknecht.

Der Mann aus Gifhorn will eine alte Rechnung mit Brähmer begleichen. Vor drei Jahren hatte er das erste Duell der beiden um die Europameisterschaft knapp verloren. „Die Punktwertungen kann ich bis heute nicht nachvollziehen“, echauffiert sich Gutknecht und verspricht: „Diesmal wird es anders.“ Sein Trainer Hartmut Schröder glaubt, Brähmers Achillesferse ausgemacht zu haben. „Er ist satt“, behauptet der Coach. Dagegen sei sein Schützling jünger, hungriger und bissiger.

Brähmer lächelt. „Ich bin nie satt, höchstens mal beim Essen“, erwidert er. Am Samstag bestreitet er seinen 50. Profikampf (47 Siege, 2 Niederlagen). Und es sollen weitere hinzukommen. „Es macht noch Spaß. Wenn ich mich zum Training quälen sollte, dann höre ich auf.“

Solange seine Kinder (15 Monate, 4 Jahre) noch klein sind, besteht die Gefahr nicht. „Mit zwei Kindern alles auf die Reihe zu kriegen, ist nervlich belastend“, gesteht er. „Meine Frau sagt: Du hast keine Geduld. Ich bewundere Kindergartenerzieherinnen. Die sind alle unterbezahlt.“ Weil ihm auch Gartenarbeit ein Gräuel ist, bleibt die Verweildauer in imposanten Zuhause am Schweriner See überschaubar. „Irgendwann werde ich wohl so nervig, dass meine Frau sagt: Fahr du doch eine Woche zum Training.“

Brähmer ist erstaunlich locker geworden. Der Schützling von Trainer Karsten Röwer nimmt sich selbst und andere auf die Schippe, ruht in sich, weiß genau, was er tut. Längst vorbei die Zeiten, als er auf die schiefe Bahn geraten war und die Konsequenzen tragen musste. Der „Bad Boy“ ist Geschichte. „Jürgen steht jetzt mit beiden Beinen im Leben, ist ein gestandener Geschäftsmann und mittlerweile ein Vorbild für die Jugend“, lobt ihn sein Berater Peter Hanraths.

Gegen Gutknecht setzt er den 2013 eroberten WBA-Titel zum sechsten Mal aufs Spiel. An seinen ersten Kampf mit dem früheren Sauerland-Stallgefährten, der jetzt beim Berliner Wiking-Boxteam unter Vertrag steht, hat Brähmer nicht die besten Erinnerungen. „Eddy boxt nicht sauber. Von Kopf bis Ellenbogen, mit allem wird gestoßen und gedrückt“, sagt Brähmer und erntet den Protest seines Rivalen: „Früher beschrieb man mich als tollen Techniker unter Ulli Wegner, und plötzlich soll ich ein dreckiger Boxer sein?“

Der 33 Jahre alte Herausforderer teilt aus. Es sei „eine Lüge, dass sich Jürgen Brähmer verbessert hat. Wie soll das denn bitteschön mit 37 Jahren möglich sein?“, fragt Gutknecht spitz. „Konditionell kann Jürgen unmöglich noch zulegen. Brähmers Zeit an der Weltspitze ist abgelaufen.“