Hernandez kontra Arslan: Box-WM der Gegensätzlichen
Erfurt (dpa) - Gegensätze ziehen sich an, sagt man. Die Boxweltmeisterschaft zwischen Yoan Pablo Hernandez und Firat Arslan in Erfurt ist ein Beispiel dafür.
IBF-Champion Hernandez ist ein Faustfechter, der als bester Techniker im Cruisergewicht gilt. Arslan ist eine Kampfmaschine, ein Muster an Willenskraft, der seinen Gegner im pausenlosen Vorwärtsgang erdrücken will. Hernandez ist mit 29 Jahren im besten Sportler-Alter; Arslan hat mit fast 44 Jahren sein Karriereende in Sichtweite.
Es gibt auch Gemeinsamkeiten: Beide Cruisergewichtler gehören dem Berliner Sauerland-Stall an. Ohne offen Partei ergreifen zu wollen, setzt das Management der Sauerländer auf den Jüngeren. Schließlich soll der in Berlin lebende Hernandez, der sich 2005 von der kubanischen Amateurstaffel abgesetzt hatte, noch in einigen Jahren als Champion herrschen. Arslan, der im Januar gegen den Berliner Marco Huck eine K.o.-Niederlage hinnehmen musste, wird hingegen der Abschied aus dem Ring prophezeit. Sein Vertrag bei Sauerland läuft noch bis Jahresende.
„Wenn er es nicht schafft, sollte er seine Laufbahn beenden. Er wäre ein super Trainer“, meint Promoter Kalle Sauerland. „Ich möchte ein Vorbild sein. Ich möchte Menschen Mut machen, dass man seine Träume nicht aufgeben darf“, sagt Arslan. Sein Traum ist der WM-Titel, den er von 2007 bis 2008 schon einmal kurz sein Eigen nannte. Der im baden-württembergischen Süßen lebende türkischstämmige Athlet ist für viele ein Sympathieträger, weil er charakterliche Stärken wie nur wenige besitzt. Nach Rückschlägen verbeißt er sich in neue Aufgaben. Das war so nach seinem schweren Fahrradunfall vor fünf Jahren, der in einem Rollstuhl hätte enden können. Das war so, als er nach einem Kampf gegen den Franzosen Steve Herelius kollabierte und auf dem Weg ins Krankenhaus einen Herzstillstand erlitt. „Alle unterschätzen Arslan. Fritz wird taktisch schon einiges einfädeln“, versichert Sauerland.
Gemeint ist Fritz Sdunek, der Arslans Training kurzfristig übernommen hat. Der Weltmeistermacher der Klitschkos, von Darius Michalczewski und Felix Sturm will seinen neuen Schützling zu alten Höhen führen. „Ich weiß, wie man Kubaner schlägt“, sagt Sdunek und lächelt. „Ich werde aus Firat sicher keinen anderen Boxer machen. Aber an einigen Details kann man schon arbeiten.“ Er sei überzeugt, dass das Muskelpaket Arslan, „der älteste Weltmeister aller Zeiten im Cruisergewicht“ wird.
Hernandez, der wegen Verletzungen und Erkrankungen in knapp drei Jahren nur drei Kämpfe bestritt, hat unterdessen eine neue Motivation gefunden: seine leeren Kassen auffüllen. Der Exil-Kubaner wurde um rund 300 000 Euro betrogen. Ein Unternehmensberater soll mit dem Geld durchgebrannt sein. „Er benutzte mich wie eine Marionette und nahm mich aus wie eine Weihnachtsgans“, sagte Hernandez der Tageszeitung „Die Welt“. Er komme aber wieder auf die Beine, beteuerte er. „Als ich nach Deutschland kam, hatte ich auch nichts.“
Gekämpft wird nicht nur im Ring. Amüsant ist das Duell der Grandseigneurs der deutschen Trainergilde. Ulli Wegner, der Mann hinter Hernandez, liebt es, Sdunek zu provozieren. „Er hat unwahrscheinlich viel Mut“, meint der 72-Jährige über sein Pendant. „Er geht von Sturm zu Arslan ...“. Und dann stichelt Wegner: „Ich kann nachts nicht mehr schlafen, weil Fritz drüben steht.“