Universums Neustart mit Wodka und Löschwagen
Hamburg (dpa) - Vor wenigen Monaten war der Universum-Boxstall aus Hamburg fast tot, jetzt lebt er wieder. Beim Neustart in der Hansestadt gab es einen Europameistertitel, reichlich Wodka und eine Kampfansage an die Klitschko-Brüder.
Der EM-Kampf war zwar nicht berauschend, aber immerhin real; die Ansage an die ukrainischen Dauerweltmeister jedoch nur Wunschtraum und Selbstüberschätzung. Zumindest darf sich der Hamburger Alexander Dimitrenko nach seinem einstimmigen Punktsieg (117:111, 116:111, 119:108) über den Briten Michael Sprott weiterhin Europameister im Schwergewicht nennen. „Die Klitschkos sind mein Ziel und ich gehe dahin“, meinte der 29-Jährige. „Die sollen erst mal ihr Angebot machen.“
Universum hat den ersten Schritt zurück ins Leben gemeistert. Nachdem das ZDF dem Unternehmen im vergangenen Jahr den Geldhahn abgedreht hatte - die Rede war von bis zu 20 Millionen Euro jährlich - wurde es zappenduster in Europas einst größtem Boxstall. Nun leuchtet es wieder im Universum. „Wir wollen so erfolgreich werden wie früher“, sagte Waldemar Kluch. Der 57-Jährige hat dem bisherigen Promoter Klaus-Peter Kohl den größten Teil der Firmenanteile abgekauft und ist nun Geschäftsführer und Universum-Chef. Kohl und sein Schwiegersohn Dietmar Poszwa stehen als Berater zur Seite. Derzeit wird die Zahl der Boxer mit 12 bis 15 angegeben. „Wir wollen auf 20 bis 25“ verkündete Kluch.
Die neue Trainingsstätte, das Sportcenter Dima in Hamburg-Lohbrügge, ist zugleich Veranstaltungshalle. 1300 Zuschauer fanden Platz, bis zu 3000 sollen es nach einem Umbau sein. „Zwei Tage vorher war noch nicht klar, ob wir wegen der Brandschutzvorschriften überhaupt veranstalten können“, sagte Kluch. „Wir mussten erst einen Löschwagen besorgen.“
Die vollmundige Aussage vor drei Monaten, Fernsehsender würden Schlange stehen, ist auf Normalmaß geschrumpft. In Deutschland übertrug Sport 1 die Veranstaltung, in Russland Rossija 2. Mit den Russen soll demnächst ein Zweijahresvertrag unterzeichnet werden. Überhaupt ist der russische Einfluss im neuen Universum nicht zu überhören. Literweise floss im VIP-Raum Wodka der Marke „Pjatch Oser“. Sponsoren und Partner aus dem Riesenreich stehen Gewehr bei Fuß. Kluch, der in Kasachstan geborene und 1971 in die Heimat seiner Vorfahren übergesiedelte Deutsche, taxiert die dahinter stehende finanzielle Potenz auf „bis zu 200 Milliarden Euro“.
Sportlich hatte der Boxabend seinen Höhepunkt im Auftritt von Rachim Tschachkijew. Der russische Cruisergewichtler fertigte Michael Simms aus den USA durch technischen K.o. in der vierten Runde ab. „Außergewöhnlich. Das Beste, was ich seit langem im Ring gesehen habe“, schwärmte Poszwa. Tschachkijew, Olympiasieger von 2008, hat das Zeug zu Höherem. Ex-Weltmeisterin Ina Menzer und Schwergewichtler Denis Boizow fehlt nach langer Pause hingegen die Explosivität. Neu-Chef Kluch ordnete an: „Die Boxer müssen den Rost loswerden.“