Vitali Klitschko und der kubanische Schatten
Hamburg (dpa) - Vitali Klitschko klettert wie immer siegessicher in den Ring, diesmal aber droht ihm die härteste Gegenwehr seit Jahren. „Solis ist einer der stärksten Gegner meiner Karriere“, meinte Boxweltmeister Klitschko über den kubanischen Herausforderer Odlanier Solis.
Am Samstag treffen beide Schwergewichtler in der Kölner Lanxess-Arena aufeinander. Der in 17 Kämpfen unbesiegte Rivale aus der Karibik - Spitzname „La Sombra“ („Der Schatten“) - ist immerhin Olympiasieger. „Ich habe erst einmal gegen einen Olympiasieger geboxt. Das war Lennox Lewis“, berichtete Klitschko. Den Kampf im Juni 2003 hatte Klitschko durch technischen K.o. verloren.
US-Amerikaner hat Klitschko in seinen 43 Profi-Kämpfen schon reihenweise flachgelegt, die Erfahrungen mit Kubanern sind eher dürftig. Einmal musste der 2,02-Meter-Hüne gegen den mittelmäßigen Exil-Kubaner Jose Ribalta ran, den er schon in der zweiten Runde in den Ringstaub beförderte, ein anderes Mal stoppte er den ehemaligen Cruisergewichts-Weltmeister Juan Carlos Gomez in der neunten Runde. Nun kommt Solis.
Kubaner waren in der Vergangenheit das Nonplusultra im Amateurbereich. Wie Solis: dreimal Weltmeister, Olympiasieger 2004. Normalerweise hätten seine Landsleute im Profi-Lager für eine Invasion und eine karibische Vorherrschaft sorgen müssen. Dazu kam es aber nie. Kubaner durften nicht ins Lager der Berufsboxer wechseln, es sei denn, sie flüchteten von Fidel Castros sozialistischer Einheits-Insel.
Solis ist einer, der getürmt ist. Gemeinsam mit dem heutigen Weltmeister Yuriorkis Gamboa und Yan Barthelemy kam er 2006 zu Promoter und Drahtzieher Ahmet Öner, der die Jungs in Florida, in unmittelbarer Nähe zur Heimat, unterbrachte. Während Gamboa seinen Weg machte, wurde über Solis zunächst die Nase gerümpft. Erstmals die Kombination Geld und Freiheit auskostend, war Dolce Vita angesagt, nicht Kärrnerarbeit im Ring. Solis schmeckte das Leben, er legte zu und wurde als Schwabbelboxer verspottet. Obwohl der 30-Jährige alle Kämpfe mühelos gewann, fehlten ihm Ziel und Motivation, die Professionalität litt.
Solis schaukelte sein Gewicht auf 136 Kilo. Öner hatte genug. „Kubaner sind von zu Hause ein restriktives System gewöhnt. Jemand muss ihnen sagen, was sie tun und zu lassen haben“, erklärte der in Duisburg aufgewachsene Türke und holte 2009 Solis' einstigen Amateur-Trainer und Ziehvater Pedro Luis Diaz. Diaz, Marke „kleiner Diktator“, krempelte die Ärmel hoch und machte Solis insbesondere seit November vergangenen Jahres rund.
„La Sombra“ stöhnte zuweilen auf: „Der Mann ist ein Killer.“ Heute soll Solis durchtrainiert sein wie seit Jahren nicht, weit mehr als 20 Kilo abgespeckt haben. Ob das für den Techniker Solis gegen das Kraftwerk Klitschko reicht, wird dennoch bezweifelt. Diaz: „Klitschko ist ein starker Boxer. Aber Odlanier ist stärker.“