Wladimir Klitschkos neues Rezept: Freund statt Trainer
Mannheim (dpa) - Wladimir Klitschko hat einen Traum. 2016 möchte er bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro das wiederholen, was ihm 20 Jahre zuvor in Atlanta gelungen war: den Gewinn der Goldmedaille im Superschwergewicht.
„Das wäre ein großartiger Abschluss meiner Karriere. Wenn ich noch einmal die Chance dazu bekomme, bei Olympia teilzunehmen, dann würde ich alles dafür geben“, sagt er. Zwar hat der Amateur-Weltverband AIBA bekanntgegeben, seine Statuten lockern und auch Kämpfern mit Profierfahrung die Teilnahme am weltgrößten Sportereignis ermöglichen zu wollen. Wie das genau funktionieren soll, weiß aber niemand. Und deshalb träumt Klitschko weiter.
Am Samstag wartet zunächst die Realität auf den Dreifachweltmeister im Schwergewicht. In der Mannheimer SAP-Arena verteidigt er seine Titel nach Version der Weltverbände WBA, WBO und IBF gegen den Deutsch-Italiener Francesco Pianeta vom Magdeburger SES-Stall. Kritiker sehen den noch unbesiegten 28-Jährigen nur als weiteren chancenlosen Klitschko-Kontrahenten an. Doch der 37 Jahre alte Ukrainer lässt sich davon nicht beirren.
Im Trainingslager, das er wie üblich im Nobelhotel Stanglwirt in Tirol absolvierte, zeigte er sich so motiviert, als würde eine Titelvereinigung mit einem anderen Weltmeister anstehen. Das Problem, dass kein Herausforderer vorhanden scheint, der ihm wenigstens einen Kampf auf Augenhöhe liefern könnte, ignoriert er.
„Ich werde nie wieder einen Gegner unterschätzen, das hat mich meine Niederlage vor zehn Jahren gegen Corrie Sanders gelehrt“, sagt er. Wer ihn im Training beobachtet, der kann bestätigen, dass der 1,98 Meter große Hüne weder sich noch den Partner schont. Neun Kämpfer stellten sich in Tirol zum Sparring vor, einige von ihnen mussten in den rund 140 Runden bitteres Lehrgeld zahlen. „Er ist unglaublich fokussiert und in einer Form, in der ich ihn noch nie erlebt habe“, sagt der US-Amerikaner David Williams, der seit 2005 als Camp-Manager im Team Klitschko arbeitet.
Zum ersten Mal hat Johnathon Banks als Cheftrainer das Sagen. Der 30 Jahre alte US-Amerikaner hatte in der Vorbereitung auf Klitschkos bislang letzte Titelverteidigung gegen den Polen Mariusz Wach das Amt vorübergehend übernommen, nachdem „Hall of Fame“-Coach Emanuel Steward am 25. Oktober 2012 gestorben war. „Johnathon ist mit seiner analytischen Art der richtige Mann, um Mannys Weg fortzusetzen“, sagt Klitschko. „Es geht nicht darum, wie alt jemand ist, sondern dass er Qualität hat.“ Er brauche schon länger keinen Trainer mehr, der ihm sage, wo es langgeht, sondern einen Freund, mit dem er über Taktik und Strategie diskutieren könne, meint Klitschko.
Ein Problem blenden beide aus. Banks boxt selbst noch: Sollte er an seinem 31. Geburtstag am 22. Juni das Rematch mit Seth Mitchell gewinnen, den er im November 2012 in Runde zwei ausgeknockt hatte, käme er als Pflichtherausforderer für einen der Klitschkos infrage. „Ich weiß noch nicht, was ich dann machen würde. Einen Kampf gegen Wladimir kann ich mir derzeit ehrlich gesagt nicht vorstellen“, sagt Banks. Den Traum vom WM-Titel will er allerdings auch nicht aufgeben. Aber Träumen ist ja nicht nur Wladimir Klitschko erlaubt.