Der Kampf des Robin Dutt
Kommunikation, Zuhören, Tatkraft — wie Leverkusens Trainer trotz aller selbst geschaffenen Probleme um seinen Job kämpft.
Leverkusen. Irgendwann in den vergangenen Wochen hat sich Robin Dutt entschlossen, seine Mannschaft „charakterstark“ zu nennen. Was heißen soll: Die Spieler des Fußball-Bundesligisten Bayer Leverkusen äußern ihre Meinung — und machen auch vor dem Trainer und dessen Methoden nicht Halt. Dutt findet das jetzt gut, dabei hat es ihm lange nur Probleme bereitet.
Man kennt das inzwischen in Leverkusen. Bruno Labbadia ist seinerzeit daran gescheitert und anschließend nach Hamburg geflüchtet. Nachfolger Jupp Heynckes ließ sich zügig und seiner Natur gemäß auf den Dialog ein, gestattete väterlich einige Extras für Führungsspieler. Und dann kam Robin Dutt, der vor allem in den ersten Wochen ein suchender Trainer war.
In sich scheinbar gefestigt, aber jederzeit bedroht, im Umfeld des Leverkusener Gesamtapparates aus Nationalspielern und überbordenden Ansprüchen zerrieben zu werden. Dutt hat unter diesem Druck Fehler gemacht, er hat sich mit Führungsspielern angelegt, er hat sein Funktionsteam nach Aussagen von Insidern nicht mitgenommen, er hat bisweilen zickig auf Kritik reagiert und Befindlichkeiten von Spielern wortreich abgebügelt („Wer für einen Champions-League-Klub wie Bayer Leverkusen spielt, für den ist es eine Ehre, auf der Bank sitzen zu dürfen“). Und doch ruft diese Entwicklung nicht zwingend ein böses Ende hervor.
Denn Dutt hat seine Fehler offenbar eingesehen. Und versucht nun mit einer neuen Art die Kehrtwende zu schaffen.
Wenn er am Freitag mit Leverkusen in seine alte Heimat Freiburg zurückkehrt, um beim derzeitigen Tabellenletzten zu punkten, steht für Robin Dutt viel auf dem Spiel. 14 Punkte aus zehn Spielen, ganze zwölf Tore, das Pokalaus in der ersten Runde — das ist nicht die Bilanz, die man sich von dem 46-Jährigen erwartet hatte.
„Ich stimme mit ihnen überein“, sagte er am Donnerstag einem Journalisten, der ihm die Malaise vorhielt, „in der Bundesliga ist es sehr schlecht.“ Pause. „In der Champions League aber sehr gut.“ Zwei Siege nach drei Spielen, Platz zwei, tatsächlich stimmt hier die Bilanz.
All das lässt vermuten, was die Leverkusener Problematik derzeit ist: Weder das Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft ist gefestigt, noch die Art, Fußball zu spielen. Es geht rauf und runter, Ergebnisse und Leistungen, zu oft allerdings runter. Dutt weiß das. Deshalb vergeht derzeit kein Tag, an dem er die missliche Lage erklärt. Mit einer neuen Geduld und Redseligkeit, die manchen Beobachter inzwischen beeindruckt.
Er hat dazugelernt. „Die Infrastruktur, der athletische Bereich, die unterschiedliche Qualität, die Medienarbeit von der Quantität, aber auch der Qualität her“, sagt er, all das sei ein erheblicher Unterschied zu Freiburg, seiner ersten Station im Profifußball. Kein Zweifel: Als er kam, wollte er davon nichts wissen, wollte ein fertiger Trainer sein. Inzwischen weiß er, dass genau das der falsche Weg war.
Das Manko: Nur die Ergebnisse der nächsten Spiele werden entscheidend sein, ob er die einmal begangenen Fehler weiterhin ausbügeln darf. Dutt braucht Siege, mehr als jeder andere Trainer in dieser Liga. Und es ist sein Heil, dass in Leverkusen allzu schnell noch kein Trainer gefeuert wurde.
Ob er die Harmonie in Freiburg nicht vermissen würde, wurde Dutt am Donnerstag, dem Tag vor dem Spiel gefragt. Und der Trainer antwortete: „Wenn das so wäre, wäre ich ja in Freiburg geblieben. Ich wollte ja die Herausforderung.“ Er habe „wahnsinnig viel Spaß an dieser Aufgabe“, alles sei „hochinteressant“.
Wolfgang Holzhäuser, der Leverkusener Geschäftsführer, erzählte nach dem Sieg gegen Valencia vor zehn Tagen eine Geschichte. Er habe in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ aus dem Herbst 2010 eine Story über Hannover 96 und den Trainer Slomka gelesen. Es war eine Krisengeschichte.
„Da konnten Sie Leverkusen und Dutt problemlos einsetzen.“ Will sagen: Die Geschichte von Dutt und Leverkusen ist fünf Monate nach Beginn noch nicht am Ende. Aus Hannover und Slomka wurde nämlich eine ausgesprochene Erfolgsgeschichte. Es wäre ein kleines Wunder.