Die Entzauberung Barcelonas

Wie Madrids Ronaldo die neue Verletzlichkeit ausnutzt.

Düsseldorf. 3:1 in Camp Nou. Im spanischen Pokal ist Real Madrid beim Erzrivalen FC Barcelona eindrucksvoll ins Finale eingezogen — und Spanien diskutiert schon über eine Wachablösung. Doch ist das tatsächlich ein Wechsel auf Dauer? Die Analyse.

In der Primera División ist Barcelona Tabellenführer mit 16 Punkten Vorsprung vor Real. Besser in den europäischen Top-Ligen ist nur der FC Bayern, der 17 Punkte Abstand auskostet. Mehr aber als der Meistertitel scheint für das verwöhnte Barca-Ensemble kaum mehr möglich. Der spanische Pokal ist nun Geschichte, in der Champions League droht nach der 0:2-Niederlage beim AC Mailand im Hinspiel das Aus. Die dominanteste Elf Europas scheint an ihren Zenit zu gelangen — oder ihn überschritten zu haben.

Die spanischen Medien verdichten die Problematik als Freunde des Personenkults auf Messi. Der argentinische Weltfußballer nimmt sich gerade eine Auszeit, war schon gegen Milan faktisch ausgeschaltet. Auch Madrid gelang das eindrucksvoll. Gestern ließ er sich „wegen Fiebers und Unwohlseins“ beim Training entschuldigen. Seit Trainer Tito Vilanova wegen seiner Krebserkrankung die Geschicke des FC Barcelona nicht mehr lenken kann, scheint Barcas Erfolgs-Trott von einst der größte Makel zu sein. Wie Messi kann auch das Team taktisch schwer umschalten, wenn aus Ballbesitz keine Tore entstehen.

Es braucht einen stabilen Abwehrblock, gerne auch zwei Viererketten, enorme Laufleistung aller und herausragende Konterfähigkeiten. Wie schon der AC Mailand zogen sich die Madrilenen gegen Barcelona massiv zurück, überließen Ballbesitz und entfalteten ihre bekannte Stärke: das Konterspiel. Am Samstag steigt der nächste Versuch im Clasico. Diesmal in der Liga.

Das Camp-Nou-Stadion in Barcelona liegt Ronaldo. In sechs Clásicos in Serie traf er bei Gastspielen der Madrilenen — diesmal zweimal. Mit acht Toren ist Ronaldo nach Francisco Gento der zweiterfolgreichste Real-Schütze in der katalanischen Metropole. „Der Erfolg gibt uns Selbstvertrauen“, tönte der Torjäger vor Reals Achtelfinalrückspiel der Champions League am Dienstag bei Manchester United (Hinspiel: 1:1).