Doper nur erschreckt: DOSB lehnt Strafverschärfung ab

Stuttgart (dpa) - Die Doping-Betrüger unter den Spitzenathleten sind mit dem Schrecken davon gekommen. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) will sie auch in Zukunft ohne effiziente staatliche Hilfe bekämpfen und bestrafen.

Ein Antrag des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), den Besitz von schon geringen Mengen an Dopingmitteln unter Strafe zu stellen und eine Kronzeugenregelung zu schaffen, wurde bei der DOSB-Mitgliederversammlung in Stuttgart mit nur 25 von 459 Stimmen förmlich abgeschmettert.

„Wir geben uns nicht geschlagen. Wir bleiben am Ball“, kündigte DLV-Präsident Clemens Prokop nach der Niederlage an, der taktische Ränkespiele hinter den Kulissen und eine leidenschaftliche Debatte vorangegangen waren. Als Sieger des Richtungsstreits ging Thomas Bach hervor. „Es geht um eine Risikoabwägung“, sagte der Jurist. Neben der Sportgerichtsbarkeit eine staatliche Verfolgung des Eigendopings einzusetzen, sei rechtlich zu riskant.

Weiter vorgewagt hat sich der 58-jährige Tauberbischofsheimer bei der Frage nach seiner Kandidatur 2013 um das Präsidentenamt im Internationalen Olympischen Komitee (IOC). In einem Interview des Südwestrundfunks bekannte der IOC-Vizepräsident offen wie noch nie, bereits „ein gutes Jahr“ darüber nachzudenken.

In der Doping-Debatte konnte ihn dagegen selbst Katja Mühlbauer, einst Ermittlerin der Münchner Schwerpunktstaatsanwaltschaft Doping, nicht zum Umdenken bewegen. „Wir müssen auch gegen die Abnehmer von Dopingmitteln vorgehen“, forderte die vom DLV in den Ring geschickte Expertin in ihrem Plädoyer. Mit den gegenwärtigen Gesetzen komme man an die verborgen agierenden Dopingkartelle nicht heran. „Wie soll ein Staatsanwalt Hintermänner aufdecken, wenn ihm schon ganz unten an der Pyramide die Hände gebunden sind?“, fragte sie. „Die Chance, Hilfe vom Staat zu bekommen, darf man sich nicht entgehen lassen.“

DLV-Chef Prokop fand ihre Argumente „einleuchtend und nachvollziehbar“ und befand sich damit nur in der kleinen Gesellschaft von Tischtennis-Verband oder Triathlon. Mehr Gehör fand DOSB-Vizepräsidentin Christa Thiel, die die bekannte Linie der Dachorganisation so formulierte: „Wir sind für eine korrekte Trennung von Sport und Staat und dagegen, dass Mittel, die sich bewährt haben, aufgegeben oder zerstückelt werden.“

Die Delegierten folgten ihr und stimmten bei nur neun Gegenstimmen für eine leichte Verschärfung der Gesetzeslage im Sinne eines DOSB-Antrags. Die Annahme mit so großer Mehrheit habe die „Entschlossenheit und Geschlossenheit“ gezeigt, resümierte Bach zufrieden. Gleichzeitig gab er sich moderat und der Opposition um den DLV mit auf den Weg, weiter zum Dialog bereit zu sein. „Die Debatte darf nicht zu Ende sein“, sagte er. „Wir arbeiten auf ein gemeinsames Ziel hin. Was strittig ist, ist nur ein Teil des Weges.“

Unstrittig ist für den DOSB, dass er mehr Geld vom Bund braucht, um auch bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro ähnlich konkurrenzfähig wie in London zu sein. „Bei aller Steigerung der Effizienz werden wir unser Ziel für 2016, nämlich mindestens wieder 44 Medaillen, nicht erreichen können“, warnte Bach.

Bei den „hoch geschätzten positiven Beiträgen des Sports zum Gelingen unser Gesellschaft“ hält Bach den Mehrbedarf bis Rio 2016 von 25 Millionen Euro für eher bescheiden: „Wir fordern nicht die Gießkanne zur Pflege der Oberfläche unseres Rasens. Wir fordern Dünger zur Erhaltung der Wurzeln unseres Lebensraums.“ Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Christoph Bergner, mahnte dagegen, Augenmaß beim Geld zu wahren: „Es gibt keinen Anlass zur Untergangsprophetie.“