Interview DEL-Chef Tripcke: „Jetzt kommt unsere heiße Zeit“

Düsseldorf. Gernot Tripcke ist seit 2000 Geschäftsführer der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Im Interview spricht der 47-Jährige über die erste Hälfte der Saison, die Phase rund um Weihnachten, den auslaufenden TV-Vertrag und die Jugendarbeit im deutschen Eishockey.

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Herr Tripcke, wie ist das Fazit aus dem Ligabüro nach der Hälfte der Hauptrunde?

Gernot Tripcke: Rundum positiv. Wir haben wieder gute Zuschauerzahlen, normalerweise ist die erste Hälfte ja eher etwas mau. Aber wir sind sehr, sehr zufrieden, unsere Außendarstellung ist sehr gut. Ich komme mir zwar fast schon blöd vor, jedes Jahr dasselbe zu sagen, aber was dazu beiträgt, ist dass die Liga noch spannender geworden ist und immer enger zusammenrückt. Die sportliche Ausgeglichenheit wird immer größer, das macht die Liga so attraktiv und sorgt für gute Zahlen.

6272 Fans kommen im Schnitt zum Eishockey, das sind knapp 1800 mehr beim als beim Handball oder Basketball. Trotzdem hat das Eishockey weniger Medienpräsenz. Woran liegt das?

Tripcke: Wirklich? Diese Wahrnehmung kann ich nicht teilen. Wir haben über eine Million mehr Zuschauer pro Saison, den erheblich höheren Zuschauerschnitt und pro Verein den höheren Umsatz als die Kollegen. Die Basketballer haben gerade ein paar öffentliche Themen. Es gibt einen neuen Geschäftsführer, der Hauptsponsor steigt aus und zwei Europaligen stellen sich gegeneinander auf. Dementsprechend bekommen sie mehr überregionale Schlagzeilen, aber die sind ja nicht immer positiv. Wir sind mit der Präsenz in den Medien und auch Öffentlich-rechtlichen Sendern gut aufgestellt. Natürlich hätten wir immer gern mehr Aufmerksamkeit, aber sicher nicht zu Lasten von Handball oder Basketball.

In den nächsten Wochen tun Sie ja alles für die Aufmerksamkeit. Von jetzt an gibt es zehn Spieltage in 24 Tagen. Ist das nicht ein wenig viel für die Fans?

Tripcke: Das ist definitiv die wichtigste Zeit bis zu den Play-offs. Die Erfahrungswerte zeigen uns, dass die Zuschauerzahlen in der Weihnachtszeit ansteigen. Mehr als 6200 jetzt schon ist ein klasse Schnitt, die ersten Monate sind ja immer schwächer, unsere heiße Zeit fängt jetzt an. Das ist für uns auch nichts Besonderes, sondern gute Tradition. Wir wollen ein bisschen die fußballfreie Zeit ausnutzen. Ferienzeit, Winterzeit, das passt gut. In vielen Städten haben wir dann eine Einzelstellung.

Die körperliche Belastung für die Spieler ist riesig.

Tripcke: Die Jungs spielen ohnehin lieber als dass sie trainieren. Die sind es gewöhnt, im Zwei-drei-Tagesrhythmus zu spielen. Klar würden viele gern nicht am zweiten Weihnachtstag spielen, aber es gibt auch Kellner, die gern an Silvester freihaben würden. Wenn wir die Vereine fragen, wollen alle am 26. ein Heimspiel haben. Das ist ein wichtiger Tag.

Wichtig ist auch der Vertrag mit Servus TV, der nach der Saison ausläuft. Wie ist der Stand der Verhandlungen?

Tripcke: Es gibt da nichts Spruchreifes. Unsere Partner „The Sportsman Group“ haben eine einseitige Option, sollten sie diese wider Erwarten nicht ziehen, gibt es schon einige Anfragen und damit hätten wir auch andere Optionen. Ich mache mir keine Sorgen um die TV-Präsenz der DEL.

Suchen Sie zwingend einen Sender, der komplette Livespiele zeigt oder können es auch Zusammenfassungen sein?

Tripcke: Die Prämisse ist schon, dass man mindestens ein Spiel pro Woche und die Play-offs live im Free-TV sehen kann. Highlights in der Form, wie wir sie jetzt schon haben (ARD/ZDF/Dritte und Regionalsender sowie im Internet auf del.org und laola1.tv).

Die Höhepunkte bei Youtube zu zeigen, wo es ein Millionenpublikum gibt, ist nach wie vor nicht geplant?

Tripcke: Wer uns Geld dafür bezahlt, erwartet auch eine gewisse Exklusivität, deshalb wird diese Frage im Rahmen des neuen Vertrages über die Medienrechte beantwortet werden..

Ähnlich wichtig wie die TV-Präsenz ist das Abschneiden der Nationalmannschaft. Gerade versucht die U 20 wieder in die A-WM aufzusteigen. Sie begleiten das Turnier auf ihrer Homepage. Haben im Eishockey alle Seiten verstanden, dass es nur zusammengeht?

Tripcke: Die U 20 ist nicht unwichtig, das sind die Spieler der Zukunft. Die U16 bis U20 waren in den letzten Jahren nicht auf Rosen gebettet. Wenn man sich die bisherigen Ergebnisse der WM anguckt, sind wir eher Außenseiter, es wird schwer aufzusteigen. Aber es sind ein paar Spieler dabei, die in vier, fünf Jahren in der Nationalmannschaft spielen werden. Natürlich leben wir jetzt damit, was in den letzten 15 Jahren verschwitzt wurde, aber mit dem neuen DEB-Konzept „Powerplay 26“ sind wir auf einem guten Weg und werden wieder mehr Spieler für die Profis produzieren.

Der Weg dahin ist noch lang. Die bundesweite Jugendarbeit wird ja gerade erst umgestellt.

Tripcke: Wir müssen die nächsten Jahre auf die Zähne beißen, aber wir wollen den Nachwuchsbereich wieder fördern. Wir haben in Uli Liebsch einen Nachwuchskoordinator eingestellt, aber der kann die Vergangenheit natürlich nicht vergessen machen. Wir reden jetzt über Zehn- bis Zwölfjährige, die nehmen wir an die Hand. In erster Linie ist das natürlich Aufgabe des DEB und der Landeseissportverbände, aber wir haben das Nachwuchsförderungs-Konzept auf den Weg gebracht und sind ein wenig vorgelaufen. Auch das, was beim DEB läuft, ist alles in unserem Interesse. Es ist zwar nicht unsere Hauptaufgabe, aber es hilft uns.

Hilft es Ihnen auch, dass es der DEB einen neuen reinen Eishockey-Verband in NRW gegründet hat und sich die Vereine nicht mehr mit den Vertretern der anderen Eissportarten und den Funktionären des alten Verbands herumschlagen müssen?

Tripcke: Ja definitiv, allgemein ist die Entwicklung auf DEB-Ebene gerade gut, und viele Landesverbände haben sich auch gut entwickelt. Aber bei manchen muss der DEB vorangehen, da zeigt der DEB Führungsstärke und Richtlinienkompetenz. Es gab Kandidaten, die schwierig waren. Da ist es ein richtiges Signal, dass sich die westdeutschen Clubs neu aufgestellt haben.

So wichtig wie die Basis ist auch die Spitze. Sie hatten dieser Tage ein großes Interview mit Leon Draisaitl auf ihrer Homepage. Welche Rolle spielen junge deutsche NHL-Stars wie Draisaitl und Tobias Rieder für die Entwicklung der DEL?

Tripcke: Grundsätzlich steht die DEL gut da, aber wir sind vor allem ein regionales Phänomen. Überregionale Aufmerksamkeit bekommt man durch die Nationalmannschaft, die Champions League, weil die Teams da für Deutschland spielen, und natürlich über Erfolge von deutschen Spielern in Topligen. Man hat bei Dirk Nowitzki gesehen, was er für eine ganze Sportart geleistet hat. Es tut uns gut, wenn die Gesichter aus der NHL im Morgenmagazin laufen. Leider spielen Leon Draisaitl und Tobias Rieder bei nicht ganz so guten Teams. Aber wenn sie die Play-offs verpassen, können sie für uns bei der WM spielen. Und für die Olympia-Qualifikation im September sind erfolgreiche NHL-Spieler ganz wichtig für Bundestrainer Marco Sturm..

Gucken wir noch mal auf die aktuelle DEL-Saison. Wie bewerten Sie das Abschneiden der drei rheinischen Teams?

Tripcke: Krefeld hat die erwartet schwere Saison und konnte bei ihrem kleinen Etat bislang nicht positiv überraschen. Ich hoffe, dass sie aus Krise rauskommen und noch mal den zehnten Platz angreifen können. Aber sie haben viele Verletzte. Düsseldorf war lange im Rahmen der Erwartungen — vielleicht waren die bei vielen nach der Vorsaison zu hoch. Jetzt herrscht durch die Siegesserie wieder eine Rieseneuphorie in der Stadt, das ist schon eine sehr positive Entwicklung, was die Zuschauer und die Stadt angeht. Die Kölner Haie haben gut angefangen, sind dann aber etwas versunken. Ich denke aber, dass die den Schalter noch umlegen werden, das Potenzial ist definitiv da.

Und wer macht's am Ende?

Tripcke: Ich denke, dass trotz der aktuellen Krise Mannheim sehr, sehr stark ist. Die gilt es zu schlagen.