Keine Sause auf Rathausbalkon EHC München will DEL-Titelserie

München (dpa) - Der EHC Red Bull München ist längst auf dem Weg, der FC Bayern des Eishockeys zu werden. Erstmals in der Geschichte des Münchner Eishockeys kann der DEL-Krösus und Titelverteidiger vor dem Playoff-Finale gegen die Grizzlys Wolfsburg dabei auch auf die Unterstützung der Stadt bauen.

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Doch ein bemerkenswertes, in Aussicht gestelltes Angebot lehnte der Meister schon vor dem ersten Finalspiel am Sonntag (16.45 Uhr) ab: Die erste Meisterfeier auf dem Rathausbalkon für ein Nicht-Fußballteam aus München wird es im Fall des Titels nicht geben.

Der EHC sei der Stadt für das Angebot sehr dankbar, teilte er mit. „Aber wir wollen nicht nur für die Fans, sondern mit und für die Fans feiern“, hieß es auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Dafür müsste das in dieser Saison bislang alles dominierende Team freilich wie im Vorjahr auch erst noch die Grizzlys aus dem Weg räumen. „Das wird eine harte Serie“, unkte Nationalstürmer Frank Mauer, und Kapitän Michael Wolf meinte vor der Final-Neuauflage: „Wolfsburg ist eine sehr starke Mannschaft, die in den Playoffs immer über sich hinauswächst. Sie sind sehr gut gecoacht, Pavel Gross ist ein echtes Schlitzohr an der Bande.“

2016 hatten die vom österreichischen Brause-Imperium großzügig ausgestatteten Münchner souverän mit 4:0-Siegen triumphiert. Nach diesem eindrucksvollen ersten von geplant vielen Titeln für das Team von Coach Don Jackson hatte Oberbürgermeister Dieter Reiter dem EHC versprochen, den nächsten Titel auf dem berühmten Marienplatz feiern zu dürfen. So wie die Fußballer vom FC Bayern Jahr für Jahr.

Diese logistische Herausforderung ist dem großen Final-Favoriten dann aber doch eine Nummer zu groß. Das dies auch für den Finalgegner gilt, glaubt kaum ein Experte. Auch wenn es diesmal enger zugehen dürfte als im vergangenen Jahr. „Wir wissen, was wir können, und wir fahren nicht mit der weißen Fahne nach München“, kündigte Wolfsburgs Manager Charly Fliegauf an. Trainer Pavel Gross meinte: „Wir fahren nach München, um zu überraschen.“

Zu groß ist der Ehrgeiz, nach den bisherigen Finalteilnahmen 2011 (0:3 gegen Berlin) und 2016 nicht noch einmal unterzugehen. Die Chancen stehen gut, im Gegensatz zum Vorjahr haben die Underdogs aus Niedersachsen deutlich weniger Verletzte. In Kris Foucault und Alexander Weiß kann Gross auch auf zwei frische Spieler bauen, die in den Playoffs verletzungsbedingt noch nicht zum Einsatz kamen.

Mit dem vorhandenen Personal ist auch Gross' kraftintensives, aber für stärkere Team oft nerviges System konsequent durchziehbar: den Gegner immer wieder früh attackieren, zur Weißglut bringen, aber brenzligen Auseinandersetzungen im Zweifel aus dem Weg zu gehen. „Damit machen wir technisch bessere Mannschaften mürbe“, sagte Fliegauf. Dies bekamen in den Playoffs bislang schon die hoch gehandelten Kölner Haie und Nürnberg Ice Tigers zu spüren.

Dazu haben die Grizzlys in Felix Brückmann den derzeit wohl formstärksten deutschen Torhüter. „Felix spielt herausragend momentan. Besser kann man eigentlich nicht spielen“, sagte Fliegauf.

Trotzdem: Meister München hat die besseren Einzelspieler, mehr Möglichkeiten und ist der große Favorit. Nicht zuletzt auch wegen Trainer Don Jackson, dem Titelsammler und Grizzly-Schreck schlechthin. Sechs DEL-Titel holte der US-Amerikaner bislang bereits - fünf mit Berlin, einen mit München. Bei zwei Meisterschaften hieß der Gegner Wolfsburg. Die Bilanz von Jacksons gecoachten Teams dabei: 7:0-Siege.

Dies nagt auch an Gross, den Experten für den noch besseren Coach halten. Im Gegensatz zum schweigsamen Taktiker an der Wolfsburger Bande hatte Jackson bei seinen Titeln stets auch Teams zur Auswahl, die über große finanzielle Mittel verfügten. Gross hingegen führte die zwar vom VW-Konzern gesponserten, aber dennoch verhältnismäßig klammen Grizzlys seit seinem Amtsantritt 2010 stets in die Playoffs - immer kamen die oft unterschätzten Wolfsburger weit. „Es gibt eine Menge großer Trainer, aber Pavel hat das Team fünfmal in Folge ins Halbfinale geführt, zweimal ins Finale. Ich denke, das ist sehr besonders“, sagte Grizzly-Angreifer Tyson Mulock, der schon unter beiden Trainern spielte.