Bierofka: Der schwere Weg eines Unbeugsamen
München (dpa) - Das Comeback dauerte 30 Minuten, dann war Daniel Bierofka schon wieder im Krankenstand.
Im Spiel gegen den VfR Aalen Mitte September machte der Ex-Nationalspieler einen Schritt nach rechts, „und dann hat es gestochen, wie wenn man mit der Fußsohle in ein Messer tritt“, erinnert sich der Zweitliga-Profi.
Es war jener Moment, in dem Bierofkas nächste schwere Verletzung Wahrheit wurde. Und das, ehe seine Rückkehr überhaupt Fahrt aufgenommen hatte. Diagnose: Sehnenanriss, monatelange Pause. Fast ein halbes Jahr hatte sich der Profi zuvor bereits für sein Comeback gequält. „Das war niederschmetternd. Da spürt man sofort als Fußballer: Jetzt geht nichts mehr“, sagte der 34-Jährige der Nachrichtenagentur dpa.
Seinen Körper kennt der vom Verletzungspech verfolgte Mittelfeldspieler inzwischen gut. Unzählige Operationen, zwei Bandscheibenvorfälle, Risswunden, Bänder- und Sehnenrisse hat er hinter sich. Mit einem Medizinstudenten im ersten Semester könnte er wohl mithalten: „Ich kenne mich mittlerweile schon relativ gut aus mit meinem Körper“, bemerkte er. Als Mensch verändert hätten ihn die Verletzungen nicht. Sie begleiten ihn seit der A-Jugend beim FC Bayern München über die Stationen in Leverkusen, Stuttgart und bei 1860 München. „Die Verletzungen gehören zu meiner Karriere von Beginn an dazu.“ Bierofka hat sich dennoch den positiven Blick bewahrt. „Ich habe auch viele gesehen, deren Karriere dann zu Ende war.“
Sein Vater war so ein „absolut negatives Beispiel“. Willi Bierofka musste mit 27 Jahren wegen eines damals irreparablen Knorpelschadens bei den „Löwen“ aufhören. „Ich hab's jetzt bis 34 geschafft, Profifußball zu spielen“, sagte der Sohn. Zwar seien „brutal schwere Zeiten“ dabei gewesen, auch ans Aufhören habe er „schon ein bisschen gedacht“. Aber sein Vater sei ihm in diesen Phasen immer eine Stütze gewesen. „Es war nicht so, dass wir beide am Tisch gesessen und rumgejammert haben, wie schlimm alles ist“, sagte Bierofka. „Er war genau derjenige, der mir immer wieder den berühmten Tritt in den Hintern gegeben hat.“
Der Rückhalt aus der Familie ist dem zweifachen Vater gerade dann wichtig, wenn das Team auf dem Trainingsplatz unendlich weit weg erscheint. „Von der Romantik des Rückhalts im Team muss man Abstand nehmen. In dem Moment, wo man verletzt ist, ist man sofort Einzelkämpfer“, beschrieb Bierofka die Profi-Welt. Die Distanz zwischen ihm und den Mitspielern sei dann riesig, viel größer als die paar Kilometer zwischen Reha-Zentrum und Trainingsplatz. „Große Hilfestellung aus der Mannschaft muss man nicht erwarten.“
Mit dem Gedanken, ob seine Karriere ohne die vielen Verletzungen anders verlaufen wäre, beschäftigt sich Bierofka nicht. Dreimal lief der gebürtige Münchner für die Nationalmannschaft auf, für Bayer Leverkusen auch in der Champions League. Bis zum Ende der Saison läuft sein Vertrag bei 1860 München noch, im neuen Jahr will Bierofka auf den Platz zurückkehren. Es ist dann vermutlich sein letzter Versuch, aus der Verletzungsschleife auszubrechen.
„Ich will jetzt erstmal noch ein gutes halbes Jahr spielen. Das bin ich dem Verein und mir schuldig.“ Er habe „noch zu viel Spaß am Fußballspiel“, um aufzuhören. Und vielleicht kann Bierofka mit seinen „Löwen“ in dieser Saison sogar noch einmal oben angreifen. „Wenn man bei 1860 spielt, muss man immer von Aufstieg reden. Mein Ziel ist die Rückrunde“, kündigte er kämpferisch an.