Blau-Gelbe Euphorie in Braunschweig
Braunschweig (dpa) - Blaue Blumen im gelben Übertopf - mit diesem Mitbringsel liegen Besucher in Braunschweig goldrichtig. Die Vereinsfarben von Eintracht Braunschweig sind in der Stadt so präsent wie nie zuvor, der bevorstehende Aufstieg in die Bundesliga lässt auch Fußball-Muffel nicht kalt.
„Die Leute sind schon sehr elektrisiert, man kriegt das jetzt nochmals eine Spur mehr mit“, kommentierte Trainer Torsten Lieberknecht die Euphorie in einer Stadt, in der Fußball schon immer gelebt wird.
Der gebürtige Pfälzer wohnt seit 2003 im westlichen Umland. „Meine Familie hatte damals was gesucht mit Garten, um auch mal den Hund rauslassen zu können“, erzählte Lieberknecht. Wenn er in die Stadt fährt, registriert er die Begeisterung. „Die Fahnenzahl hat extrem zugenommen an den Häusereingängen, jeder zeigt letztlich Flagge“, sagte Lieberknecht und fügte hinzu. „Wenn es in Braunschweig ums Thema Fußball geht, da hat man manchmal das Gefühl, es hängt eine ganze Woche davon ab, ob es der Stadt gut geht oder nicht.“
Möglicherweise geht es der Stadt, in der zwei blau-gelbe Straßenbahnen über die Schienen rattern, schon am Montagabend so gut wie seit 1985 nicht mehr. Damals war die Eintracht aus der Bundesliga abgestiegen, noch vor vier Jahren drohte der Absturz in die Viertklassigkeit. Nun kann die langersehnte Rückkehr nach 28 Jahren bereits am fünftletzten Spieltag endgültig perfekt gemacht werden.
Zum „Aufstieg auf dem Sofa“ - so die „Braunschweiger Zeitung“ - wird aber nicht nur ein Heimsieg gegen Erzgebirge Aue am Sonntag benötigt. Der 1. FC Kaiserslautern (am Samstag gegen Paderborn) und der 1. FC Köln (am Montagabend in Duisburg) dürfen ihre Spiele nicht gewinnen. Mit diesen Rechenspielen will sich Lieberknecht allerdings nicht beschäftigen. „Ich konzentriere mich nur auf das Spiel gegen Aue“, sagte der Eintracht-Coach.
Für die meisten Fans stand der Aufstieg ohnehin nach der fantastischen Hinrunde fest, lediglich der genaue Zeitpunkt ist offen. Die Party kann notfalls noch eine Woche warten. Lieberknecht und Manager Marc Arnold, die als Architekten des Erfolges gelten, haben die Planungen für Braunschweigs 21. Erstligasaison bereits aufgenommen, auch wenn Ex-Profi Lieberknecht die Worte „Aufstieg“ und „Bundesliga“ weiterhin lieber umdribbelt.
„Wir wollen da kein Erlebnis haben, wenn wir drin sind, sondern wollen lernen und uns, wenn wir da drin sind, als sehr unbequem zeigen“, erklärte Lieberknecht. „Er ist zu 100 Prozent Braunschweig“, urteilte Arnold über seinen Kollegen, der den deutschen Meister von 1967 zunächst vor dem Abstieg aus der 3. Liga rettete, dann in die 2. Liga führte und jetzt unmittelbar vor seinem größten Trainer-Erfolg steht.
„70 Prozent der Spieler, die den Aufstieg in die 2. Liga schafften, sind immer noch dabei“, sagte Lieberknecht nicht ohne Stolz. Im lokalen Umfeld war die Skepsis vor der Saison ziemlich groß gewesen. Die Eintracht-Fans sind zwar begeisterungsfähig, aber auch kritisch. Sie hatten dem Kader um Kapitän Dennis Kruppke und Torjäger Domi Kumbela so eine Supersaison gar nicht zugetraut. Doch sie wurden eines Besseren belehrt, Hunderte Fans lernen jetzt sogar stricken. Zum Aufstieg soll ein 1967 Meter langer Fanschal fertig sein.