Formel 1 Piastri auf die Couch: Australier neuer WM-Spitzenreiter

Dschidda · Oscar Piastri ist der Mann der Stunde in der Formel 1. Sieg in China, Sieg in Bahrain, Sieg in Saudi-Arabien. Damit entreißt er die WM-Führung seinem Teamkollegen. Stark ist aber auch Max Verstappen.

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Nach seinem Manöver zum Sieg in bester Max-Verstappen-Manier wollte sich Oscar Piastri erstmal hinlegen. „Ich suche eine Couch“, sagte der 24 Jahre alte Australier nach seinem Triumph beim Großen Preis von Saudi-Arabien im selbst am Abend noch über 30 Grad heißen Dschidda. Eine Woche nach seinem Sieg in Bahrain legte der McLaren-Pilot nach und entriss seinem Teamkollegen Lando Norris die Führung im Formel-1-Klassement - erstmals seit 2010 liegt ein Fahrer aus Down under auf Platz eins. Der letzte bis dahin war Mark Webber - Piastris Manager.

Mit seiner abgezockten Coolness-Vorstellung auf dem gefährlichen Highspeed-Kurs ließ Piastri dem überraschend wieder erstarkten Max Verstappen fast keine Chance - allerdings dank einer Zeitstrafe gegen den Titelverteidiger. Der 27 Jahre alte Niederländer schaffte es aber auf den zweiten Platz und kam am Ende auch noch mal näher ran.

Nach der Überraschungs-Pole am Vortag unterstrich Verstappen, dass niemand ihn wegen des bockigen Red Bulls im Kampf um seinen fünften WM-Titel in Serie abschreiben sollte. „Wir haben alles gegeben, was wir konnten. Es ist wie es ist, aber dieses Wochenende hat viel Positives gebracht“, sagte er. Über die Zeitstrafe nach dem Manöver von Piastri wollte er erstmal lieber nicht reden, als auch er verschwitzt aus seinem Wagen gestiegen war.

Auf den dritten Platz in Dschidda fuhr Charles Leclerc im Ferrari, dann folgte Norris als Vierter. Der 25 Jahre Brite ist damit die WM-Führung schon wieder los. Nach seinem dritten Sieg im fünften Grand Prix hat Piastri nun zehn Punkte mehr als Norris und zwölf mehr als Verstappen. Für Nico Hülkenberg reichte es im Sauber nur zu Platz 15.

Kein guter Tag für den einzigen deutschen Piloten

Alles kam auf den Start an. Zur großen Überraschung aller - auch seiner selbst - hatte es Verstappen auf die Pole geschafft, die 42. seiner Karriere. Sein Vorsprung auf Piastri: Zehn Tausendstelsekunden.

Schon zum Auftakt des Grand-Prix-Hattricks mit drei Rennen an drei aufeinanderfolgenden Wochenenden hatte Verstappen in Japan alles und noch ein bisschen mehr aus dem so komplizierten RB 20 rausgeholt. In Suzuka konnte er seine Pole verteidigen und mit dem Gewinn des Großen Preises von Japan seinen ersten Saisonsieg schaffen und das McLaren-Duo im eigentlich stärkeren Auto düpieren.

Norris mit Reifenrisiko nach Quali-Crash

Norris brachte sich in Saudi-Arabien schon mal selbst ins Hintertreffen. Fahrfehler, Crash, nur zehnter Platz in der Qualifikation. Hieß auch: Risiko, um nach vorn zu kommen im Rennen. Nur Norris ließ beim Start den härtesten Reifensatz aufziehen. Und das bei Temperaturen von immer noch knapp 40 Grad in Dschidda.

Ganz vorn warteten Piastri und Verstappen auf den mittelweichen Reifen, dass die Roten Ampeln ausgehen. Als es passierte, erwischte Piastri den etwas besseren Start. Er drängte sich neben Verstappen mit leichtem Vorteil in die erste Kurve, für den Niederländer wurde es eng, er wich aus, verließ die Strecke und fuhr vor Piastri wieder zurück auf den seitlich begrenzten Asphaltstreifen.

„Als ich innen war, war mir klar: Ich werde hier nicht als Zweiter rauskommen“, sagte Piastri zur entscheidenden Szene des Rennens. So handelt sonst vor allem Verstappen. „Oscar hat das Rennen eigentlich am Start gewonnen“, betonte McLarens Teamchef Andrea Stella.

Red Bull fühlte sich im Recht und verzichtete auf eine Ansage, stattdessen informierte sein Renningenieur Verstappen dann über die fünf Sekunden, die er aufgebrummt bekam. „Das ist verdammt wundervoll“, kommentierte Verstappen zynisch.

Wegen einer ganz frühen Safety-Car-Phase durch einen Unfall von Verstappens Teamkollege Yuki Tsunoda und dem französischen Alpine-Piloten Pierre Gasly konnte Verstappen erstmal auch keinen Vorsprung herausfahren. Piastri blieb auch groß im Rückspiegel, als Bernd Mayländer das Safety Car, das seit dem ersten Rennen in Dschidda dort jedesmal mindestens einmal zum Einsatz kam, zurück in die Box fuhr.

Norris hatte von den Ausfällen von Tsunoda und Gasly profitiert, die vor ihm gestartet waren, und arbeitete sich weiter vor. Allerdings agierte der 25-Jährige dabei nicht immer clever. Zweimal überholte er Rekordweltmeister Lewis Hamilton im Ferrari so, dass dieser direkt kontern konnte.

Per Funk an Verstappen: „Gib alles, was du hast“

Nun machten sich Norris' härtere Reifen bezahlt. Die Konkurrenz auf den Gummis mit der gelben Markierung bekamen allmählich Probleme. Nur Verstappen offensichtlich nicht, er baute den Vorsprung auf Piastri auf knapp drei Sekunden aus. George Russell im Mercedes lag sogar fast neun Sekunden zurück.

Zeit zum Handeln bei McLaren: Piastri kam an die Box und ließ nun seinerseits die haltbarsten Reifen aufziehen. Auch Russell kam rein. Nun war das Team um Red Bulls Strategin Hannah Schmitz gefragt. Und Verstappens Ausnahmekönnen. „Gib alles, was du hast“, funkte sein Renningenieur, ehe er seinen Schützling zum Reifenwechsel reinholte.

Fünf Sekunden verharrten die Mechaniker, dann wechselten sie die Reifen. Piastri war nun vor Verstappen, der kurzzeitig auch noch hinter Hamilton hing. Letztlich kam er an Piastri nicht mehr ran. Platz zwei war nach dem Wochenende zum Vergessen in Bahrain zuvor aber mehr, als Verstappen und Red Bull hatten erwarten können.

© dpa-infocom, dpa:250420-930-453874/2

(dpa)