Fan-Aussperrung: Widerstand im Fußball - Polizei-Lob

Hamburg (dpa) - Mit der Fan-Aussperrung per Gerichtsbeschluss hat der Kampf gegen Gewalt im Fußball eine neue Dimension erreicht. Das Verwaltungsgericht Hamburg hatte das Ticketverbot der Polizei für Fans von Hansa Rostock im Zweitliga-Spiel beim FC St. Pauli bestätigt.

Damit sind die Vertreter der Deutschen Fußball Liga (DFL) und des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), wie von ihnen seit längerer Zeit befürchtet, in die Defensive geraten. „Wir haben in den letzten Monaten stets davor gewarnt, dass es zu derartigen Maßnahmen kommen kann, falls die unverbesserlichen Krawallmacher nicht eingefangen werden können“, sagte Liga-Präsident Reinhard Rauball der „Bild“-Zeitung.

Der bisher einmalige Fall, gegen den die Fußball-Verbände nichts ausrichten können, rief ein geteiltes Echo hervor. „Wenn die Polizei keine andere Möglichkeit sieht, um Gewalt zu verhindern und Unbeteiligte zu schützen, dann ist das jetzt ein neuer Weg“, sagte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut, in Brüssel. Der Ausschluss der Gäste-Fans sei jedoch „keine Standardmaßnahme“.

Die für den 22. April angesetzte Partie St. Pauli gegen Rostock sei ein „Risikospiel“, so Witthaut weiter. „In einem Fall, wenn die Wogen sehr hoch gehen und sich die Fans gegenseitig hochschaukeln, kommt es zu einer noch größeren Emotionalisierung.“ Gegen die darauffolgenden gewalttätigen Auseinandersetzungen müsse die Polizei auch vorbeugend vorgehen.

In der Vergangenheit war es bei Duellen zwischen beiden Clubs zu gewalttätigen Auseinandersetzungen der Anhänger gekommen. Um nicht erneut Krawalle zu riskieren, hatte die Hamburger Polizei dem FC St. Pauli untersagt, Hansa 2500 Sitz- und Stehplatzkarten zur Verfügung zu stellen - und juristische Unterstützung erhalten. Sollte der Beschluss Bestand haben, fürchtet die Liga, künftig bei jedem „Risikospiel“ Vorgaben von Polizei oder Gerichten zu bekommen. Hansa-Vorstandschef Bernd Hofmann zeigte sich „entrüstet“ über die Entscheidung und forderte DFB und DFL zum Eingreifen auf.

Doch die Dachorganisationen befinden sich in einem Dilemma. Rauball nannte es einerseits „schade“, wenn der Fußball durch derartige Einschnitte in seiner Autonomie eingeschränkt werde und sprach von einem „massiven Eingriff“ in die Selbstverwaltung des Ligaverbandes. „Auf der anderen Seite ist ein Schulterschluss mit Politik, Polizei und Justiz angesichts der gravierenden Vorfälle in der letzten Zeit zwingend erforderlich“, erklärte er.

Ähnlich äußerte sich DFB-Vizepräsident Rainer Koch. „Wir würden uns natürlich alle wünschen, dass es im Fußball gar nicht erst zu solchen Eingriffen kommen muss. Aber die Ordnungs- und Sicherheitsbehörden sind für die Sicherheit vor Ort zuständig und müssen das Recht haben, falls erforderlich auch zu solchen Maßnahmen zu greifen“, sagte Koch der „Bild“-Zeitung.

Der FC St. Pauli hat bereits Beschwerde beim Hamburger Oberverwaltungsgericht angekündigt. „Insbesondere wegen der Folgen für weitere Spiele und den gesamten Profi-Fußball können wir die Entscheidung so nicht hinnehmen und werden weitere Rechtsmittel einlegen“, sagte Vizepräsident Gernot Stenger.

Verhandelt werden soll nach Ostern. „Gehen Sie davon aus, dass das vor den Feiertagen nichts mehr geschehen wird“, sagte eine Sprecherin des nun zuständigen Oberverwaltungsgerichts Hamburg. Dort war St. Paulis angekündigte Beschwerde bis Mittwochmittag noch nicht eingegangen.

Sportjurist Martin Nolte von der Deutschen Sporthochschule Köln will dem Beschluss der Hamburger Richter indes „nicht zu viel Gewicht beimessen. Ich glaube, dass man mit einer einzelnen Gerichtsentscheidung das komplexe Sicherheitsproblem nicht in den Griff bekommen wird“, sagte Nolte in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa. Aus seiner Sicht sei mit der Entscheidung kein Präzedenzfall geschaffen. „Daraus lässt sich keine Richtung für nachfolgende Gerichtsentscheidungen ablesen“, erklärte Nolte.

Ohnehin erscheint die Umsetzung einer Teil-Aussperrung der Fans problematisch. Erst in der vergangenen Woche hatten Anhänger von Eintracht Frankfurt im Spiel bei Union Berlin ein Stadionverbot durch das DFB-Sportgericht ignoriert. 1000 Fans waren ins Stadion gestürmt. Der DFB hatte daraufhin kapituliert und angekündigt, künftig auf diese Form der Strafe zu verzichten. Dies haben nun die Gerichte übernommen.