Hertha-Coach Luhukay: Rekord keine Garantie für Aufstieg
Berlin (dpa) - Er ist ein Glücksgriff für Hertha BSC: Jos Luhukay, 49, Holländer mit dem Auftrag sofortiger Wiederaufstieg, hat die komplizierte Berliner „Alte Dame“ im Griff.
„Wir fixieren uns nur auf uns. Es bleibt ein sehr langer Weg“, erklärte Luhukay sofort nach dem wichtigen 1:0-Sieg der Hertha gegen den wiedererstarkten FC St. Pauli. „Wer den längsten Atem hat, setzt sich durch“ - der in Berlin angekommene Niederländer bleibt auch nach dem rückeroberten Platz zwei in Liga zwei ein Mahner.
Dabei hat der neue Chefcoach des in der Vorsaison so brutal abgestürzten Hauptstadtclubs durchaus gute Gründe zur Zufriedenheit. Zwölf Spiele ohne Niederlage gab es bei Hertha vor ihm noch nie - Vereinsrekord aus der Saison 2004/05 gebrochen. Im eigenen Stadion ist Blau-Weiß nach 14 Runden in der 2. Fußball-Bundesliga noch ganz ohne Niederlage, seit 483 Minuten sogar ohne Gegentor. Fast 40 000 Fans wollten die Hertha an einem Montagabend im Olympiastadion sehen. Und, die 8000 St. Pauli-Anhänger abgezogen, sie wurden auch belohnt.
Dank Luhukay. Der hat im Kader des Aufstiegsfavoriten nicht nur ein weitgehend neidfreies Klima geschaffen, sondern auch Reservisten wie Ben Sahar oder Sandro Wagner „hungrig“ gehalten. Der Coach setzt zudem im richtigen Moment auf Risiko: Für Defensiv-Kämpfer Per Kluge brachte er den offensiven Israeli Sahar, für Mittelfeldmann Nico Schulz den Stürmer Wagner. Als Peter Pekarik flankte, irritierte der 1,94 Meter große Athlet Wagner die komplette Pauli-Abwehr. In seinem Schatten köpfte Sahar das überfällige Siegtor (85. Minute).
Dass sich Vorbereiter Pekarik danach noch schwer an der Schulter verletzte und nun ausfällt, trübt Luhukays Freude: „Darüber sind wir sehr traurig.“ Andererseits - wie es im Profigeschäft oft ist - liefen am Tag der Diagnose zu Pekariks ausgerenkter Schulter erstmals wieder die langzeitverletzten Maik Franz und Christoph Janker mit auf dem Trainingsplatz. Die Comeback-Termine aber bleiben offen.
Der Zweitliga-Kenner Luhukay weiß, dass er im Aufstiegskampf jeden Profi braucht. Von einem Absetzen des Spitzentrios Braunschweig, Hertha und Kaiserslautern will er nichts wissen. „Ich denke, dass auch Energie Cottbus Ansprüche hat, oben mitzuspielen. Und es werden sich noch zwei andere Mannschaften melden“, meinte der Coach, der 2008 mit Borussia Mönchengladbach und 2011 mit dem FC Augsburg in die deutsche Eliteliga aufgestiegen war. Eine Garantie aber sind auch Rekorde nicht: 1994/95 hatte Hertha elfmal nacheinander nicht verloren, verpasste trotzdem den Aufstieg. „Bis Ende April nächsten Jahres werden vier, fünf Mannschaften dabei sein“, sagte Luhukay.
Ex-Erstligist St. Pauli wird wohl nicht zu diesen Teams gehören. Mit ihrem neuen Coach Michael Frontzeck hatten die Hamburger zwar viermal in der Liga nicht verloren und damit den Abwärtstrend gestoppt. In Berlin jedoch haben es die Gäste „nicht geschafft, den Gegner wehzutun“, analysierte der Trainer. „Zu dünn im Spiel nach vorn“, nannte Frontzeck als eine Hauptursache für die „verdiente Niederlage“. Da seine Profis dies „in den vergangenen Wochen schon wesentlich besser gelöst“ hätten, sollten sie „gar nicht so lange zweifeln“, riet Frontzeck: „Sie sollten es abhaken.“