Hertha nach Derby selbstkritisch - „Eisern“ tankt Mut
Berlin (dpa) - Die gefühlten Verlierer aus Köpenick strichen nach dem verpassten Derby-Coup ihre eigenen Qualitäten heraus - beim Aufstiegsfavoriten aus Charlottenburg gab es Aufarbeitungs-Bedarf.
„Wir können mit breiter Brust aus dem Spiel herausgehen. Wenn wir so in die nächsten Partien gehen, werden wir schwer zu schlagen sein“, bemerkte Union-Kapitän Torsten Mattuschka nach dem 2:2 im spannenden Hauptstadt-Duell der 2. Fußball-Bundesliga bei Hertha BSC.
Torgarant Ronny hatte mit seinem späten Freistoß-Knaller zum 2:2 den Blau-Weißen die Serie von nunmehr 19 Spielen ohne Niederlage gerettet. „Wir bleiben selbstkritisch, werden einiges hinterfragen müssen“, betonte Hertha-Coach Jos Luhukay dennoch und adelte Ronny als „goldenen Spieler“.
Rückschlüsse zur Aufstiegsfrage oder auf die Tauglichkeit seines Teams für höhere Aufgaben wollte der Niederländer aber nicht treffen. Dazu sei das Derby vor 74 244 Fans im Olympiastadion zu speziell, zu emotional gewesen. Anders als der 1. FC Union habe sein Team „die Spannung und Verkrampftheit nie ablegen“ können, sagte Luhukay und würdigte die großartige, friedliche Atmosphäre.
„Begeisterung, Emotionen, Leidenschaft auf beiden Seiten. Außergewöhnlich, dass das Derby so viel auf den Weg bringt“, betonte der Hertha-Coach. „Dank an die Fans, beide Seiten können zufrieden sein. Ich bin froh, dass wir nicht verloren haben und unsere Serie hält.“ Hertha kann den verpassten Sprung an die Tabellenspitze bei acht Punkte Vorsprung auf den Dritten Kaiserslautern verschmerzen.
„Die Mannschaft will alles, hat Charakter gezeigt nach dem 0:2-Rückstand“, unterstrich Luhukay. „Aber spielerisch lief es nicht wie gewünscht. Dafür konnten wir mit unseren Standards und unserer starken Schlussviertelstunde heute wieder glänzen - Stärken, die uns schon die gesamte Saison auszeichnen.“ Ramos nach Ecke von Ronny und der Brasilianer selbst mit seinem zwölften Saisontor egalisierten noch die Union-Tore von Simon Terodde und Adam Nemec.
Union-Trainer Uwe Neuhaus als dienstältester Trainer der 2. Liga war „sehr, sehr zufrieden“ über den Auftritt des Tabellen-Vierten. „Doch dann war der Stecker raus: Da hat man gespürt, dass viele Spieler körperliche Probleme hatten: Mattuschka, Menz oder Jopek waren körperlich am Ende.“ Die Grippe-Welle hatte Union vor dem Derby im Griff. Eine Revanche in der neuen Saison wird es wohl nicht geben, vermutet Neuhaus und wünschte den Konkurrenten viel Erfolg: „Ich glaube, dass sie im nächsten Jahr kein Derby in der 2. Liga spielen.“
Dass die „Eisernen“ selbst mit sieben Zählern Rückstand auf Relegationsplatz drei noch in den Aufstiegskampf eingreifen können, steht für Union erst einmal hinten an. „Aber ich wehre mich dagegen, das Spiel als gefühlte Niederlage zu werten. Wir werden jetzt in der gleichen Art und Weise weitermachen“, versprach Neuhaus. „Die ersten Drei der Tabelle haben wir jetzt weg. Jetzt kommen Gegner, die mit uns auf Augenhöhe sind“, ergänzte Torschütze Terodde. „Ich habe während des Spiels nicht an die Tabelle gedacht, aber es ist bitter: Wir hätten wieder Geschichte schreiben können.“