HSV will Nerven nicht mehr strapazieren - KSC leidet

Karlsruhe (dpa) - Erst ein Party-Marathon im Bus und in Hamburger Szenekneipen, dann ein deftiges Katerfrühstück in „Erikas Eck“ und schließlich eine Dankesfeier mit der kompletten Geschäftsstelle - der Hamburger SV kam aus den Feiern nach dem geglückten Klassenerhalt nicht mehr heraus.

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Nach einer erneut katastrophalen Saison hatte das Gründungsmitglied der Fußball-Bundesliga am Vortag doch noch sein Happy End erlebt. Der Karlsruher SC hingegen versank nach dem hochdramatischen 1:2 (1:1, 0:0) nach Verlängerung im Relegationsrückspiel in tiefer Trauer über die verpasste Rückkehr in die deutsche Eliteklasse. „Es fühlt sich an, als ob uns jemand das Herz herausgerissen hätte“, sagte Reinhold Yabo beim verzweifelten Versuch, den Schmerz irgendwie in Worte zu fassen.

Zittern wollen die Hamburger künftig nicht mehr. Ein weiteres Jahr am Abgrund kann sich beim HSV niemand mehr leisten. Sie haben ihr Glück ohnehin zu lange herausgefordert. „Ich denke auch, dass es jetzt reicht, die Nerven so zu strapazieren“, formulierte es Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer vorsichtig. „Ich kann nur sagen: Abstiegskampf ist scheiße, es gibt für mich nichts Schlimmeres. Die Intensität, die du als Trainer erlebst, gibt es sehr, sehr selten sonst im Leben“, so Coach Bruno Labbadia, der in den Katakomben ergriffen wirkte. Für den lange heftig wankenden HSV müssen seine Sätze als Warnung gelten.

Längst haben die Hamburger, deren Ansprüche schon lange nicht mehr mit der Realität im Einklang sind, die Bedeutung des Wortes Genügsamkeit kennengelernt. „Es gibt nix Geileres als Bundesliga“, bilanzierte Nicolai Müller, der in der 116. Minute den entscheidenden Treffer erzielt hatte. In der nächsten Saison soll das Team anders aussehen. Rafael van der Vaart und Marcell Jansen gehen ablösefrei. Das sollen Gojko Kacar, Slobodan Rajkovic, Ivo Ilicevic und Heiko Westermann auch. Zuvor wird über sie nochmals geredet. An der eigentlich beschlossenen Trennung wird dies aber wohl nichts ändern.

Die Karlsruher ärgerten sich derweil mächtig über Referee Manuel Gräfe, der in der Nachspielzeit einen Freistoß gab, als Rajkovic aus kurzer Entfernung Jonas Meffert an den angelegten Oberarm schoss. So kam der HSV durch Marcelo Diaz Ausgleich in der Nachspielzeit. „Man kann gar nicht so viel essen wie man kotzen möchte, wenn man das sieht“, schimpfte Todt nach dem Abpfiff und spottete in Richtung des Berliner Unparteiischen: „Augen auf bei der Berufswahl!“

So erlebten die Hamburger noch in der Nacht eine ausgelassene und bierselige Rückreise. Für die Stadt mit ihren Olympia-Plänen bleibt der Traditionsclub in der deutschen Eliteklasse eine sportliche Visitenkarte. „Das ist unglaublich wichtig für den ganzen Verein, für die ganze Stadt“, sagte Kapitän van der Vaart.

Beim Facelifting der Hamburger ist nun Labbadia maßgeblich gefordert. Sein Anteil an der Rettung ist immens. Sechs Spieltage vor Schluss hatte der 49-Jährige den HSV übernommen - und wiederbelebt. „Bruno hat einen herausragenden Job gemacht. Wir alle sind total beeindruckt, wie schnell er die Mannschaft wieder leistungsfähig gemacht hat“, lobte Beiersdorfer den Darmstädter. „Das war schon absolute Extra-Klasse. Vor allem ihm gebührt großer Dank.“

Die emotionale Wucht des Abstiegskampfs war Labbadia anzusehen. „Was in diesen sechs Wochen passiert ist, ist eine Intensität, die man nur im Fußball erleben kann“, schilderte er. Von nötigen Korrekturen wollte Labbadia am Montagabend jedoch noch nicht reden. „Heute Abend ist nicht der Zeitpunkt, über solche Dinge zu sprechen“, betonte er. „Heute und morgen werden wir es echt mal krachenlassen.“