Kult-Keeper und 1860-Legende: Petar Radenkovic wird 80
München (dpa) - Vor einem halben Jahrhundert war 1860 München noch spitze - und hatte in seinen Reihen einen der ersten Fußball-Popstars in Deutschland. „Radi“ Radenkovic war nicht nur ein starker Torwart, sondern auch Sänger, Schriftsteller, Model.
Am Mittwoch wird er 80 Jahre alt.
Franz Beckenbauer und Günter Netzer kickten noch unterklassig, da stürmte einer der ersten Popstars des deutschen Fußballs schon in die Herzen der Fans, auf die Titelseiten der Illustrierten und sogar in die Musikcharts. Petar „Radi“ Radenkovic machte den TSV 1860 München in den 60er Jahren zum Pokalsieger und Meister und avancierte zum Erfolgstorwart an der Grünwalder Straße - gerade in Chaos-Jahren wie den aktuellen denken viele „Löwen“-Fans wehmütig zurück an die gute alte Bundesliga-Zeit mit ihrem verehrten Kult-Keeper.
Der gebürtige Jugoslawe war die personifizierte Extravaganz, und das in einer Zeit, in der der Fußball noch kaum Schnittstellen mit dem Showbusiness hatte. Aber es gab ja Radenkovic, der mit seinen Ausflügen weit in die gegnerische Hälfte den Trainer um den Verstand brachte, als Schlagersänger mit der 400 000 mal verkauften Platte „Bin i Radi, bin i König“ mal eben auf Rang fünf der Hitparade landete und seine Weisheiten natürlich auch in Büchern kundtat.
„Ich bin 1,89 Meter groß, habe Schuhgröße 43 und trage grundsätzlich im Spiel schwarze Hose und schwarzen Pulli. Nicht weil ich traurig bin über die Tore, die ich hinnehmen muss, sondern weil ich finde, daß Schwarz die eleganteste Farbe für einen Torwart ist“, schrieb er etwa 1966 in „Das Spielfeld ist mein Königreich“, einem Fußball-Ratgeber mit Kapiteln wie „Hinauslaufen ist eine Glückssache“, „Linienrichter sind keine Knechte“ oder „Abseits ist nicht mehr modern“.
Singen, Bücher schreiben, modeln, und ganz nebenbei 1964 Pokalsieger und 1966 deutscher Meister werden - am Höhepunkt seiner Karriere schien Radenkovic alles zu gelingen. „Da waren schon unvergessliche Momente dabei“, sagte der Jubilar der Nachrichtenagentur dpa im Rückblick auf jene Zeit, als er 215 Mal für die „Löwen“ in der 1. Liga auflief und ihm 1965 erst im Europapokal-Finale gegen West Ham United der ganz große internationale Triumph verwährt blieb.
Über jenes Endspiel im Wembley-Stadion will Radenkovic auch mit alten Freunden und Weggefährten aus den glorreichen 1860-Tagen plaudern, mit denen er seinen Geburtstag in München im privaten Kreis feiern will. Der „Radi“ hat sich auf seine alten Tage etwas zurückgezogen und lebt mit seiner neuen Frau inzwischen in Belgrad. Fünf- oder sechsmal pro Jahr kommt er nur noch nach Deutschland, wo er dann seine zwei Töchter besucht und in München nach dem Rechten sieht.
Als Chefkritiker des TSV inszeniert er sich schon längst nicht mehr, doch er verfolgt genau, was mit seinem Verein passiert. „Da ist irgendwie der Wurm drin“, resümierte er. Er verstehe einfach nicht, „dass man nach so vielen Jahren einfach kein Rezept findet, 1860 wieder dahin zu bringen, wo der Club hingehört. Ich hatte große Hoffnungen in diesem Jahr, und man soll ja immer optimistisch bleiben, aber die Ziele werden wohl wieder nicht erreicht.“
Auch bei Radenkovic lief nicht immer alles rund: Als Kneipenwirt und Hotelier hatte er nur mäßigen Erfolg, außerdem schaffte er es nie, bei den Sechzigern als Manager einzusteigen. Damit hat er sich inzwischen abgefunden, jetzt reist er gerne durch die Gegend und guckt sich in den verschiedenen Stadien Europacup- und Länderspiele an. „Ich genieße einfach die schönen Tage“, erzählte der „Radi“.