MSV Duisburg zwischen Mahnwache und Gerichtsurteil

Duisburg (dpa) - Es mag bessere Momente für die Rückkehr auf die Fußball-Bühne geben, doch von den schlechten Aussichten will sich Jürgen Marbach nicht abhalten lassen.

Am Montag wurde der Unternehmer beim MSV Duisburg zum Aufsichtsratschef gewählt, bereits am Mittwoch will er für seinen Club vor dem Ständigen Schiedsgericht des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) die Lizenz für die nächste Zweitliga-Saison bekommen. „Wir haben beim MSV gute Perspektiven. Insbesondere, wenn wir das Schiedsgericht für uns gewinnen können“, sagte Marbach.

Der gebürtige Duisburger, der 2009 als Geschäftsführer seinen Anteil an der deutschen Meisterschaft des VfL Wolfsburg hatte, weiß bei der Verhandlung in Frankfurt die moralische Unterstützung einer ganzen Stadt hinter sich. Vielfältig sind die Solidaritätsaktionen, die täglich von Fans für den Traditionsclub veranstaltet werden. Entlud sich der Frust über die verweigerte Lizenz Ende Mai noch in wütenden Protesten, präsentieren sich die Anhänger seitdem ausschließlich friedlich und extrem kreativ.

Unmittelbar vor dem Stadion haben sich Fans in einem Zelt mit Grill und Biertischgarnitur zur Mahnwache zusammengefunden, die seit rund zwei Wochen 24 Stunden täglich besetzt ist. Ständig kommen Menschen vorbei, bringen Kuchen oder kaufen MSV-Aufkleber. Auch Fans der rivalisierenden Nachbarclubs aus Dortmund, Gelsenkirchen oder Düsseldorf haben sich schon unter die Duisburger gemischt. Vom neuen Saisontrikot wurden im Fanshop mehr als 1000 Exemplare verkauft.

Menschenketten und Flashmobs wurden zuletzt veranstaltet. Der Dirigent und Hochschullehrer Armin Klaes rief am Wochenende via Facebook zu einem Open-Air-Konzert für den MSV auf. Mit Geigen, Orgel und einem stimmgewaltigen Chor wurde vor über 600 Zuhörern vor dem Stadion gegen den Zwangsabstieg musiziert. Beim Rhein-Ruhr-Marathon liefen etliche Athleten im MSV-Trikot durch Duisburg. 42,195 schweißgebadete Kilometer im Zebrastreifen-Shirt - viel mehr Sympathiebekundung geht kaum.

Emotionen werden bei der Schiedsgerichts-Verhandlung, die in Frankfurt an einem geheimen Ort stattfindet, aber nur eine untergeordnete Rolle spielen. Der Kammer-Vorsitzende Udo Steiner urteilt mit den Beisitzern Theo Paeffgen und Goetz Eilers nur darüber, ob die durch die Deutsche Fußball Liga (DFL) erteilte Lizenzverweigerung korrekt ausgesprochen wurde. In den vom MSV eingereichten Lizenzunterlagen soll es mehrere Beanstandungen gegeben haben. Meldungen über Rechenfehler bis zu angeblich unlauteren Kreditbedingungen von Sponsoren wurden weder vom MSV noch von der DFL bestätigt.

Rechtsanwalt Horst Kletke führt die Duisburger Delegation mit Marbach an. Zwar bekräftigen die MSV-Bosse ihren Optimismus, die Lizenz noch zu erhalten, doch hinter den Kulissen laufen längst die Planungen für den Ernstfall. Dem ehemaligen Geschäftsführer Roland Kentsch wurde in der Vorwoche gekündigt, Marbach will den Verein für die Zukunft optimal aufstellen.

Um die seit Jahren bestehende finanzielle Schieflage in den Griff zu bekommen, soll mit den Gläubigern über einen Schuldenschnitt verhandelt werden. Angesichts der hohen Miete von jährlich 4,5 Millionen Euro für die Arena ist die Gründung einer Stadiongesellschaft im Gespräch. Unter diesen Voraussetzungen soll zumindest die schon beantragte Lizenz für die 3. Liga erhalten werden. Im Zweifelsfall droht der Sturz in die Regionalliga West, deren Ausnahmekriterien der MSV erfüllen könnte.

Die Profi-Mannschaft von Trainer Kosta Runjaic trifft sich am Mittwoch auf dem Trainingsgelände zum Essen und will gemeinsam die Entscheidung des Schiedsgerichts abwarten. Einige Spieler wie Torwart Roland Müller oder Tanju Öztürk sowie Sportdirektor Ivica Grlic haben bereits erklärt, dass sie auch für die 3. Liga zur Verfügung stehen würden. Fast alle könnten den Club aber ablösefrei verlassen. Keeper Felix Wiedwald, Goran Sukalo, Sören Brandy oder Timo Perthel haben nach zuletzt guten Leistungen das Interesse anderer Vereine geweckt. Doch Hoffnung ist noch da: „Wir bereiten uns auf die 2. Liga vor, ich glaube fest an die Lizenz“, sagte Stürmer Ranisav Jovanovic trotzig.