Polizei schlägt Alarm: Die 2. Liga als Chaos-Liga?
München (dpa) - Die eingleisige 2. Bundesliga wird 30 Jahre alt, doch zum Jubiläum kommt im Fußball-Unterhaus keine Feierlaune auf.
Vor allem die Häufung von Vereinen mit hohem Gewalt-Potenzial haben die Sicherheitsbehörden vor dem Saisonstart am 15. Juli in höchste Alarmbereitschaft versetzt.
Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), hat vor wenigen Tagen seine Sorge zum Ausdruck gebracht. „Die 2. Liga droht zur Chaos-Liga zu werden“, warnte Wendt im „Kölner Express“. Ins gleiche Horn bläst Jörg Radek, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Die Ballung gewaltbereiter Fußball-Anhänger wird die Polizei einer hohen Belastungsprobe unterziehen“, sagte Radek.
Mit den Hooligans der Erstliga-Absteiger Eintracht Frankfurt und FC St. Pauli sowie den gewaltbereiten Fans der Aufsteiger Hansa Rostock, Dynamo Dresden und Eintracht Braunschweig nimmt das Krawall-Potenzial in der 2. Liga deutlich zu, vermuten Sicherheitsexperten. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) nimmt die Sorgen ernst. Man werde „im Rahmen unserer Möglichkeiten“ eine sichere Abwicklung der Saison gewährleisten, versprach Geschäftsführer Christian Seifert. Er warnte aber davor, jedes Spiel zu einem Sicherheitsrisiko hochzustilisieren.
Politik, Polizei und Vereine kriegen den Sittenverfall in der Fußball-Fanszene, der mittlerweile auch unterklassige Ligen trifft, kaum in den Griff. Doch die Absicht der Innenminister, Vereine, Verbände und die DFL für Polizeieinsätze zur Kasse zu bitten, stößt auf breite Ablehnung. Dies gehe am Problem vorbei und treibe Amateurvereine in den Ruin, erklärte Präsident Joachim Masuch vom Fußball-Verband Mecklenburg-Vorpommern.
Die Entwicklung des gewaltbereiten Potenzials in der Fußball-Szene beleuchtet die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS). Seit 1992 beobachtet die ZIS bundesweit Fußball-Gewalttäter und hat in diesem Zeitraum einen Anstieg der gewaltbereiten und gewaltsuchenden Fans von zehn Prozent registriert. Die GdP zählte in der Saison 2009/2010 der 1. und 2. Liga 219 verletzte Polizisten, in der Saison 2005/2006 waren es nur 58.
In der bevorstehenden Spielzeit drohen bei mindestens 17 Begegnungen Krawalle. Mit der Partie Energie Cottbus gegen Dresden steht bereits am ersten Spieltag eine Risikopartie auf dem Spielplan. Am zweiten Spieltag stehen mit Frankfurt gegen St. Pauli und dem Ostderby Dresden gegen Rostock gleich zwei brisante Duelle auf dem Programm. Holger Hieronymus, stellvertretender DFL-Geschäftsführer, hat das Dilemma erkannt: „Mit Blick auf den kompletten Spielplan hat man eigentlich an jedem Spieltag ein Risikospiel“.